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Keine Daten über AbtreibungsgegnerBundesregierung ist ahnungslos

Die Bundesregierung weiß nichts über radikale „Lebensschützer“. Das geht aus einer Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervor.

Ein Abtreibungsgegner beim „Marsch fürs Leben“ im vergangenen Jahr. Bild: dpa

BERLIN taz | „Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse vor.“ So und ähnlich lauten die meisten Antworten des Familienministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag zum „Marsch für das Leben“ am 20. September in Berlin.

Bei dieser Demonstration, die seit einigen Jahren im September stattfindet, werben radikale AbtreibungsgegnerInnen für ein „Ja zum Leben“. Sie fordern „Politik und Gesellschaft auf, das schreiende Unrecht der Abtreibung zu beenden“. Mit dabei sind Organisationen wie „Christdemokraten für das Leben“, die Junge Union und die Senioren-Union. Im vergangenen Jahr nahmen Schätzungen zufolge 3.000 bis 4.000 Menschen daran teil.

Die Linkspartei, für die Selbstbestimmung über den eigenen Körper ein Menschenrecht darstellt, wollte von der Bundesregierung in 16 Fragen unter anderem wissen, ob und wie Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und GynäkologInnen, die Abtreibungen durchführen, von den sogenannten LebensschützerInnen belästigt worden sind. Die Fraktion wollte auch etwas zu „Gehsteigberatungen“ erfahren, bei denen AbtreibungsgegnerInnen vor Arztpraxen den Patientinnen Bilder ungeborener Babys zeigen und ihren Plastikembryos in die Hand drücken. Die Antwort der Bundesregierung, die der taz vorliegt: „Keine Informationen.“

Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin der Links-Fraktion, kommentiert das gegenüber der taz als „politische Ahnungslosigkeit“: „Die Bundesregierung setzt bei sexuellen und reproduktiven Rechten auf eine Vogelstraußtaktik.“ Nun muss die Bundesregierung keine Zahlen darüber sammeln (lassen), wieviele AbtreibungsgegnerInnen es hierzulande gibt und wie aktiv sie sind. Aber angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen im Osten, bei denen Parteien wie die AfD für schärfere Abtreibungsgesetze wirbt, sieht Möhring ein „Rollback in Sachen Frauenrechte“.

Im Visier der „Lebensschützer“ ist auch die Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle des Humanistischen Verbandes in Berlin. Im vergangenen September überklebten AbtreibungsgegnerInnen das Hinweisschild der Einrichtung. Deren Leiterin Ines Scheibe sagte zur taz: „Ärzte werden zunehmend eingeschüchtert.“ Eine Folge: Wer im Netz nach Hilfsangeboten sucht, findet fast keine.

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6 Kommentare

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  • VÖLLIG ÜBERREAGIERT

     

    Bei dem Thema Abtreibung reagieren wir Linken völlig über. Die wenigen sogenannten Lebensschützer bedrohen niemanden, schon gar nicht Ärzte und Beratungsstellen. Extremisten sind sie auch nicht, eher ganz bürgerliche Gestalten ohne Aggressivität. Scheinbar gehen uns Linken die Feindbilder aus. So macht man aus einer Hand voll harmloser Omis und Opis böse und gefährliche Faschisten und Extremisten. Das erinnert mich an die rechten Verschwörungstheorien nachdem wir Linken mit unserem Kulturmarxismus alles Bürgerliche vernichten wollen, insbesondere die Institution der Familie. Kopfkino, nichts weiter, bei Links und bei Rechts. manche Dinge finden eben nur im Kopf statt.

  • Wie sehen es die schlauen Linken denn, wenn man abtreibt, weil das Ungeborene behindert wäre?

    • @ioannis:

      Ich kann zwar nicht sagen, wie "die schlauen Linken" generell dieses Problem sehen - aber ich persönlich glaube, dass die meisten Betroffenen es sich bei einer solchen Entscheidung alles andere als leicht machen. Ich persönlich fände einen solchen Abbruch nicht gut, würde aber niemanden pauschal ohne Ansehen der jeweiligen Lebenssituation dafür verurteilen - geschweige denn als "Mörderin" diffamieren, sowas geht GAR NICHT.

       

      Ansonsten ist Ihnen aber schon klar, dass es sich im Artikel und christlich-fundamentalistische Gruppierungen dreht, die JEGLICHES Recht auf Schwangerschaftsabbruch - auch bei Gefahr für das Leben der Frau, bei Schwangerschaft aufgrund einer Vergewaltigung etc. - abgeschafft sehen wollen?

       

      Was halten Sie denn davon?

  • Genau. Wer anderer Meinung ist als die Vertreter der reinen Lehre, also der (Linkst-)Partei, muss kriminell sein. Und dass der dann auch noch versucht, Andere von dieser kriminellen Meinung zu überzeugen! Vor den Augen der Stas... sorry: Staatsgewalt!

     

    Das hätte es früher nicht gegeben.

  • Ich bin entsetzt, dass die Senioren-Union noch nicht unter ständiger Beobachtung steht. Natürlich müssen über diese menschenrechtsfeindliche Gruppierung Daten erfasst werden. Stellen Sie sich vor, es würden noch weitere Hinweisschilder überklebt! Wenn das jetzt jeder machen würde. Da wollen wir gar nicht darüber nachdenken, was als nächstes im Visier der "Lebensschützer" steht.