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Islamisten in WuppertalEin bisschen Scharia haste immer

Bei aller Empörung über die Patrouillen von Salafisten in Wuppertal: Ein bisschen Scharia herrscht auch in Vierteln wie Berlin-Kreuzberg.

Türkischer Lebensmittelladen in Berlin: Schnaps höchstens unter der Theke. Und nur, wenn man das Codewort kennt. Bild: Imago/Schöning

Ziemlich genau zehn Jahre ist es her, da hatte der CDU-Politiker Jörg Schönbohm eine Idee: „Wir müssen vermehrt Ermittler einsetzen, die Arabisch und Türkisch sprechen“, sagte der damalige Brandenburger Innenminister. „Auch in den Ausländervierteln müssen Recht und Ordnung herrschen.“

Die Bild-Zeitung bastelte daraus die hübsche Schlagzeile „CDU-Politiker fordern Islam-Polizei!“, und man konnte sich gut ausmalen, wie in Kampfsport und Integrationswissenschaft ausgebildete, also kulturell sensible Beamte mit Socken an den Füßen irgendwelche Hinterhofmoscheen stürmen würden, um deutschenfeindliche Fatwas aus dem Verkehr zu ziehen.

Die Idee mit der „Islam-Polizei“ lässt auf sich warten, erst gerade wurde bekannt, dass der ARD-„Tatort“ eine höhere Ausländerquote hat, als im wirklichen Leben türkisch- oder arabischstämmmige Polizisten ihre Landsleute bewachen.

Dafür gibt es nun etwas anderes: die Wuppertaler „Scharia-Polizei“, die mit geringem Aufwand große Aufmerksamkeit erzielt hat – weitaus mehr als etwa die Bürgerwehren, die an den Ostgrenzen der Ostzone auf Patrouille gehen.

Doch ein Sachverhalt geht bei aller (berechtigten) Aufregung im Allgemeinen – also über die bereits im Wort „Scharia-Polizei enthaltene Anmaßung – und den (berechtigten) Ruf, wegen ein paar zotteliger Spinner in Plastikweste nicht in Hysterie zu verfallen, unter: Ein bisschen Scharia herrscht in vielen anderen „Ausländervierteln“ schon jetzt.

Kreuzberg zum Beispiel. Als in den siebziger Jahren hier wie anderswo im Lande die ersten türkischen Lebensmittelgeschäfte eröffneten, führten die im Sortiment all das, was in deutschen Supermärkten damals nicht zu haben war: Zucchini, Oliven und Rakı, den türkischen Nationalschnaps. Heute haben in Kreuzberg etliche angesagte Bars jüngere türkische Betreiber, von denen einer, Kaan Müjdeci, gerade bei den Filmfestspielen in Venedig den Spezialpreis der Jury bekommen hat (Respekt!).

Schnaps nur mit Codewort

Rakı steht heute auch bei Kaiser’s im Regal. In den klassischen türkischen Lebensmittelgeschäften aber, die bemerkenswerterweise dem Sterben des Einzelhandels trotzen, sucht man vergebens danach. Eine Ausnahme gibt es: ein Laden, der von Aleviten betrieben wird, einer sympathischen Minderheit, für die der Alkoholgenuss fester Bestandteil des sozialen oder gar des spirituellen Lebens ist. Dieser Laden führt noch Rakı. Aber nicht im Regal. Man muss schon das Codewort kennen, damit einem ein Laufjunge beim Verlassen des Geschäfts eine in Zeitungspapier eingepackte Flasche zusteckt.

Ob aus sozialem Druck oder Geschäftssinn oder Opportunismus aus allen Gründen auf einmal – Alkohol gibt es in keinem Kreuzberger türkischen Lebensmittelladen. Und was sogar für ein kosmopolitisches Viertel wie Kreuzberg gilt, gilt erst recht für ein Viertel wie den Wedding, wo nicht nur die Zusammensetzung der Bevölkerung insgesamt eine andere ist. Fatih heißt der Wedding unter Kreuzbergern nach dem ultrakonservativen Bezirk in Istanbul.

Nicht Salafisten, nur AKP

Das ist nicht die Scharia in der Vorstellung der Salafisten, es ist nur die gewöhnliche Islamisierung des Alltags, die sich in der Türkei unter der Führung von Recep Tayyip Erdogan und seiner AKP vollzieht. Der (öffentliche) Genuss von Alkohol ist ein symbolisch wichtiger Punkt dafür, weshalb bei den Geziprotesten im vergangenen Jahr die Angst um den Verlust des säkularen Lebensstils zu den wichtigsten Motiven zählte. „Auf dein Wohl, Tayyip“, riefen Demonstranten mit Bierdose in den Händen. Eine sehr politische Parole.

Diese Light- und Realoversion der Scharia zeigt sich auch an anderen Punkten. So ist es für türkisch oder arabisch aussehende Frauen kein Vergnügen, im Minirock durch den Wedding zu laufen. Auch nicht zu empfehlen: dort als schwules Pärchen Händchen zu halten oder eine Kippa zu tragen. Nur in Sachen Glücksspiel ist der Alltag weit von dem entfernt, wovon diese Freaks in Plastikwesten träumen. Schwer zu sagen, ob das auch gut so ist.

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51 Kommentare

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  • unter http://treueliebe.wordpress.com/2014/09/11/da-reibste-dir-die-augen/

    noch meine restlichen finnef gruschim.

  • @ Age Krüger

     

    Gerade sehe ich, dass Williane ihre - interessanten und offenbar sachkundigen - Antworten an Sie zum Thema Eigentum über die bisherige Diskussion gesetzt hat, deshalb ein kurzer Hinweis auf meine Antwort an Sie weiter unten.

    • @Marzipan:

      Danke für das Kompliment, aber ich bin selbst weder Antrophologe noch Rechtshistoriker, btw Willanne = er ;-)

  • Natürlich sind Eigentum und Besitz zwei paar Stiefel. Besitz ist zunächst nur ein Faktum (tatsächliche, willensgetragene Sachhherrschaft), an das die Rechtsordnung gewisse Folgen knüpft. Eigentum ist die ausschließliche Zuweisung eines Gutes an eine bestimmte Person. Dieser Unterschied ist alt. In der Sache dürfte es auch in frühgeschichtlichen Kulturen einen Unterschied gemacht haben, ob Jäger A dem Jäger B seinen Bogen gab und beide einig waren, dass B ihn nach dem Jagdausflug zurückgeben sollte, beide den Bogen weiterhin als den des A betrachteten, oder ob er ihm ihn gab und sagte: "Kannste behalten, gehört jetzt Dir".

    • @willanne:

      Richtig ist freilich, dass Eigentum erst dort notwendig wird, wo mehrere Menschen miteinander in Berührung kommen und damit potentiell in Konflikt um ein Gut geraten. Es hängt auch von der Anerkennung der anderen Personen ab, insofern kann man wirklich von einem Glauben an das Eigentum sprechen (aber nicht im religiösen Sinn). Recht ist immer Fiktion. Sobald aber eine Gesellschaft das Eigentum anerkennt, ein Grundkonsens besteht, ist es innerhalb dieser Gesellschaft mehr, denn es darf nun ohne damit gegen andere Regeln der Gesellschaft zu verstoßen, durchgesetzt werden (gegen den Dieb als Rechtsbrecher) oder wird in höher entwickelten Gesellschaften von der Gesellschaft selbst durchgesetzt. Dass sich "zeitgleich" mit diesen Entwicklungen auch Religion entwickelt hat, führt freilich dazu, dass gesellschaftliche Regeln (Recht) oft religiös begründet waren (z.B. Ehe), da bleibt wechselseitiger Einfluss nicht aus. Nur hätte sich Recht und Eigentum auch dann entwickelt, wenn der Mensch ein völlig areligiöses Wesen wäre, da bin ich sicher. I.Ü. kennen ja auch kommunistische Gesellschaftsordnungen noch Reste von Eigentum und umgekehrt gibt es völlig areligiöse Schichten, die das Eigentum zu ihrem Gott erhoben haben. Das kritisiert schon die Bibel: „Niemand kann zwei Herren dienen: Entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird an dem einen hängen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.“ Entsprechend leben ja auch manche Orden...

  • Durch gesellschaftlichen Konsenz, durch die Vereinbarung von Regeln, und, deshalb mehr als Glauben an diese Regeln (und Glauben an etwas ist ja nun nicht gleichbedeutend mit Religion), durch die Möglichkeit, diese Regeln durchzusetzen bzw. von einer neutralen Stelle (Staat) durchsetzen zu lassen. Ursprünglich indes, war es Faustrecht, das ist, soweit ich sehe, ich bin allerdings auch kein Rechtshistoriker, rechtsgeschichtlich wohl relativ klar.

    • @willanne:

      und das Vorstehende sollte eigentlich als Antwort hierauf

       

      "@willanne Das gibt leider auch keine Erklärung, wie Eigentum dann unabhängig von einem Glauben an Eigentum entstanden sein soll."

       

      gepostet werden...

  • Ich denke, sie irren. Nach meinem Wissen haben auch nomadische Gesellschaften Religionen entwickelt, wie überhaupt die Entstehung der menschlichen Kultur zeitlich mit der Entstehung von Religion zusammen fällt, ja das eine und das andere sich nicht voneinander trennen lässt. Aber bitte, ist auch mein Fachgebiet nicht. Richtig ist wohl, dass das Eigentum (von juristischem Eigentum kann man da aber noch nicht reden) als Wirtschaftsfaktor mit dem Sesshaftwerden und der daraus resultierenden Konkurrenz um Grund und Boden eine Aufwertung erfahren haben dürfte. Aber davor war es eben auch schon "mein Bärenfell", "mein Jagdspeer" und, für uns heute schwer zu ertragen: "meine Frau" (ggf. auch anders herum), und wenn ein Anderer das nicht respektierte, dann wurde das auch verteidigt, m.a.W. mit Gewalt durchgesetzt. Bei den Nomaden ist es dann mein "Pferd", "meine Herde" (Ziegen, Rinder...), "mein Zelt", "mein Jagdfalken", "meine Frau" usw. Als immer wieder zentralasiatische Reitervölker in Europa (und China) eingefallen sind, da haben die das eben auch gemacht, um Beute zu machen, das aber ist nichts anderes, als eine archaische Form des Eigentumserwerbs.

    • @willanne:

      Danke erstmal für die Antwort.

       

      Ich bin da evtl. etwas kleinkariert, würde aber sagen, dass die nomadischen Völker maximal Besitz kannten, nicht Eigentum. Solange ich den Speer in der Hand halte, ist es eben meiner.

      Eigentum ist schon eher ein juristisches Konstrukt, das tatsächlich einer wie auch immer gearteten Rechtssprechung bedarf. Und da haben sich imo die Religionen von vornerein stark gemacht, indem sie Rechtsgrundsätze aufstellten, ohne die das Recht auf Eigentum z.B. auch gar nicht in einer gesellschaftlichen Ordnung durchsetzbar gewesen wäre.

       

      Das Bestehen eines wie auch immer gearteten Gemeinwesens ging mit Religion einher. Daher ordne ich das da schon zu.

      Immerhin gibt es auch Vorstellungen heute, die (meistens atheistisch geprägt sind) und viele Formen des Rechts auf Eigentum negieren (Recht auf Eigentum an Produktionsmitteln z.B.).

       

      Ich schätze, wir sind uns oftmals gar nicht so bewusst, welche Rolle Religion auch in unseren ökonomischen Vorstellungen spielt.

      • @Age Krüger:

        @ Age Krüger, Teil 1

         

        "Eigentum ist eine religiöse Erfindung."

         

        Das war Ihre fragwürdige Ausgangsthese - und weiter schreiben Sie hier:

        "Das Bestehen eines wie auch immer gearteten Gemeinwesens ging mit Religion einher. Daher ordne ich das schon zu".

         

        Anthropologen sind wohl weder Sie noch ich, aber ich stelle mal die steile Gegenthese auf, dass Religion eine Erfindung von Eigentümern ist.

         

        Wenigstens vermute ich, dass es so herum richtiger ist - und vermuten kann man ja viel. Falls Sie sich marxistischem Gedankengut verbunden fühlen, könnten Sie einen Vorteil dieser Annahme darin sehen, dass dann das Sein das Bewusstsein bestimmt hätte, während es nach Ihrer Annahme umgekehrt gewesen wäre.

         

        Entsprechend schätze ich meinerseits in Umkehrung Ihrer Annahme auch, dass wir uns oftmals gar nicht so bewusst sind, welche Rolle ökonomische Vorstellungen für die Ausformung einer Religion spielen.

         

        Allerdings wird es hier wie in den meisten Fällen wohl tatsächlich keine einseitige Kausalität gegeben haben, sondern es wird sich bei der Entwicklung von Sesshaftigkeit, Eigentumsbegriff und Religion um ein Konglomerat kultureller Wechselwirkungen gehandelt haben - mal so leichthin in den virtuellen Raum hineinvermutet, wie Sie es zuvor mit Ihrer Eigentumsthese taten.

         

        Religon ist Weltdeutung und setzt sich daher naturgemäß mit den zentralen Themen im menschlichen Dasein auseinander. Dazu gehört auch die Eigentumsfrage, also ist es selbstverständlich, dass sie religiös abgehandelt wird. Daraus zu folgern, dass es ohne Religion gar kein Eigentum gegeben habe, erscheint mir - nun ja, abwegig.

      • @Age Krüger:

        @ Age Krüger, Teil 2

         

        Was Ihren Hinweis auf atheistisch inspirierte Formen der Eigentumsnegierung angeht, möchte ich auf eine viel ältere Stelle aus dem Neuen Testament (Apg2,44/45) hinweisen:

        "Alle aber, die gläubig geworden waren, waren beieinander und hatten alle Dinge gemeinsam. Sie verkauften Güter und Habe und teilten sie aus unter alle, je nachdem es einer nötig hatte."

         

        Ob sich eine Religion nach urchristlichem Vorbild überhaupt hätte durchsetzen können, darf man bezweifeln, aber das religiöse Angebot gab es offensichtlich. Und der Zweifel gilt auch für die Annahme, dass nur Atheisten den moralischen Impetus hätten, "viele Formen des Rechts auf Eigentum (zu) negieren".

         

        Noch eine kurze Anmerkung zu Ihrer Vermutung über Nomadenspeere: "Ich bin da evtl. etwas kleinkariert, würde aber sagen, dass die nomadischen Völker maximal Besitz kannten, nicht Eigentum. Solange ich den Speer in der Hand halte, ist es eben meiner."

        Ebenfalls mal schnell dahervermutet.

        Nomaden kaufen ihre Speere vermutlich bis heute nicht im Laden, sondern stellten sie schon immer mühsam selbst her.

        Halten Sie es wirkich für wahrscheinlich, dass ein Speer unter diesen Umständen so wenig Eigentumscharakter hatte wie z. B. ein Stock, den man am Wegesrand aufhebt, benutzt und wieder liegen lässt?

         

        Religionskritik finde ich notwendig und wünschenswert, aber sich aus Bequemlichkeit und Wohlgefühl auf der Basis von "hätte ich gern" und "denke ich mir" ein schlichtes Schwarz-Weiß-Weltbild mit der Religion als schwarzer Folie zu zimmern, finde ich nicht überzeugend. Religionen sind nichts per se Schlechtes, sondern mehr oder weniger taugliche Versuche, in und mit der Welt zurecht zu kommen - wie nichtreligiöse Weltdeutungsmodelle auch.

      • @Age Krüger:

        Sorry, ich bin zu dämlich für die antworten-Funktion... oben steht nochmal was...

         

        MfG

    • @willanne:

      War eigentlich als Antwort hierauf:

       

      "Age Krüger

      vor 44 Minuten

       

      @D.J. Kann sein, dass ich mich irre, aber das Aufkommen von religiösen Vorstellungen ist afair zeitgleich mit dem Seßhaftwerden der Menschen gewesen, also ab dem Zeitpunkt, wo es nennenswertes Eigentum wie Häuser, Hütten etc. gab. Vor der Seßhaftwerdung hat Eigentum nur eine geringe Bedeutung gehabt, bzw. nicht die gleiche wie danach."

       

      gedacht...

  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    "...dass der ARD-„Tatort“ eine höhere Ausländerquote hat, als im wirklichen Leben türkisch- oder arabischstämmmige Polizisten ihre Landsleute bewachen."

     

    Äh, Landsleute? Tja, das wären dann ja wohl bei türkischstämmigen Deutschen wieder Deutsche. Irgendwie vermisse ich da die Logik - wie eigentlich immer bei Herrn Yücel.

     

    Herr Yücel, wer sind eigentlich Ihre Landsleute? Eher Gauck oder eher Erdogan?

    • @90191 (Profil gelöscht):

      Er meint doch auch bei türkisch- und arabischstämmigen Polizisten mit Landsleuten Deutsche, welcher Herkunft auch immer. Lesen und Nachdenken wäre vielleicht angebracht, bevor man sich über seine eigenen Hirngespinste beschwert...

      • 9G
        90191 (Profil gelöscht)
        @DerDieDas:

        Verdrehen Sie hier nicht die Tatsachen.

    • D
      D.J.
      @90191 (Profil gelöscht):

      Und? Man kann es einfach so verstehen, dass er mit "Landsleuten" alle im Land Lebenden meint. Kann natürlich auch leichte Ironie sein (das weiß man bei ihm nie so genau).

      Aber Herr Yücel (obwohl er Gauck nicht ausstehen kann) ist der letzte, dem man türkischen Nationalismus vorwerfen könnte.

  • Ist hier irgendwem eigentlich schon die phonetische Ähnlichkeit von Scharia und Arier aufgefallen?

    • D
      D.J.
      @Helmut van der Buchholz:

      Sie meinen, darum werden gern mal blonde Deutsche zu Stars der Salafistenszene? Muss ich mal drüber nachdenken.

  • Interessant, mit dem Raki. Früher über, heute unter der Ladentheke. Wusste ich noch nicht.

    Dass gläubige Moslems in ihren Geschäften (ob Dönerbude, Gemüseladen um die Ecke oder Supermarkt) weder Schweinefleisch noch Alkohol anbieten, ist zumindest nachvollziehbar. Spannend ist in Bezug auf die Überschrift die Motivation: Wird hier aus persönlicher Überzeugung auf mehr möglichen Profit verzichtet, gar versucht, die Kundschaft zu erziehen? Oder sind die vermissten Alkoholika eine marktwirtschaftlich logische Maßnahme, um den Teil der strenger religiösen Kund*innen nicht zu verprellen? Oder vielleicht eine Reaktion auf die schiere Omnipräsenz von alkoholischen Getränken im öffentlichen Raum in Berlin?(Anmerkung: ich selber trinke äußerst gern Bier, ob zu Hause, im Park, in der Bahn oder auf der Straße)

    Apropos, was ist mit den gefühlten 1.000.000 Spätis in Neukölln, Kreuzberg, Wedding und Friedrichshain, aber auch dem Rest der Stadt, die sehr häufig von Menschen mit Türkischem oder Arabischen, damit mutmaßlich z.T. muslimischen, Hintergrund betrieben werden? Sind das mehrheitlich Aleviten? Und wer ab und zu mal einen Blick durch die häufig weit offen stehenden Türen türkischer Männervereine wirft, wird mehr als einmal besagten Raki nebst anderen Spirituosen in der Bar erblicken.

    "Ein bisschen Scharia" am fehlenden Raki in den Regalen auszumachen halte ich für übertrieben. Vermutlich ist hier diesmal der Witz versteckt. Irgend einen Aufhänger braucht es ja, um die Anekdote unterzubringen. Das nächste Mal aber gerne wieder ein bisschen mehr ;-)

     

    P.s. Dass der Einzelhandel in der Lebensmittelbranche stirbt, wäre mir neu. Auch Kaiser's und Bolu sind Einzelhandel. Aber vll dauert es ja gar nicht mehr so lange, bis wir auch unser Essen massenhaft bei Amazon bestellen. Da gibt es dann mit Sicherheit auch Raki.

  • Es fällt auf, dass viele Muslime immer konservativer werden und ihre z. T.

    reaktionäre Gesinnung durch einen

    "Bauerntrampellook" betonen.

    Endlich sagt es jemand, dass es in Berlin in manchen Vierteln für Juden nicht ratsam ist, sich als solche zu erkennen zu geben. Es ist keinesfalls eine Scharia light, sondern einfach nur beschämend für Berlin.

  • Ach kommt schon, die Probleme sind hausgemacht. In der Zeit der 60-80er hat man gepennt und wundert sich das eine Gruppe unter sich bleiben möchte und in die Religion abdriftet.Natürlich gibt es Fehler auf beiden Seiten> man ist nicht aufeinander zugegangen.

    Der Plan war das Gastarbeiter nach 2 Jahre nach Hause kehren sollten damit sie nicht heimisch wurden, die Industrie hat gemerkt das sie evtl.10 Pfennig Verlust machen könnte und hat das abgelehnt." Angelernte Arbeiter wegschicken und wieder neue anlernen,WTF?!" Und ab da hätte man reagieren sollen, auf diese Leute zugehen, Schulflicht durchsetzten, etc.

    Ich kann es in meiner Umgebung die Ergebnisse der Bemühungen von so manchem Einheimischen sehen. Haben in meiner Gegend einige tolle Migranten Familien die damals von deutschen viel gelernt haben. Habe erzählt bekommen das sie in den Garten eingeladen worden sind, deutsch beigebracht bekommen, zusammen Ausflüge gemacht haben usw. Natürlich Ausnahmen ,aber man sieht was hätte werden können. Was haben wir jetzt davon in dem wir jahrzehntelang weggeschaut haben und die Gastarbeiter in Ghettos und Hinterhof Moscheen gedrängt haben?

  • Neben dem Glücksspiel wird wohl auch das eigentlich harame Rauchen kein Problem darstellen. Nehme ich einfach mal so an.

     

    Wem nützt so eine Doppelmoral? Dem Patriarchat? Oder wem oder was?

  • heiliges schwein!

    libanesischen brandy und und und gibt's bei al-harb in der potsdamer, beispielsweise.

    schweinefleisch gibt's dafür in kol-bo nicht. libanesischen brandy auch nicht.

    aber reiswein samt essig beim thai.

    und wer nen schwulen muslim sucht, wird in olfes möbelladen fündig.

    braucht ihr jungs denn für alles ne wegbeschreibung?

    im übrigen gibt es in ganz zehlendorf nur 1-nen döner! und das auch nur, weil's am s-bahnhof ist.

    • @christine rölke-sommer:

      Und das soll uns nun was sagen?

      • 8G
        8545 (Profil gelöscht)
        @ben sobel:

        in etwa sowas wie:

        es gibt überall solche und solche ;)

  • Mit Recht wird kritisiert, daß es für Homosexuelle in Rußland nicht leicht ist, sich in der Öffentlichkeit als solche erkennen zu geben. Dann sollte auch stärker thematisiert werden, daß es auch bei uns, mitten in Deutschland, Orte gibt, wo dies schwierig ist.

    Und weltweit erst!

    Der österreichische "Standard" schreibt:

    "Weltweit wird Homosexualität in 78 Ländern strafrechtlich verfolgt, allein auf dem afrikanischen Kontinent sind es 37 Staaten. In fünf Staaten (Mauretanien, Sudan, Iran, Saudi-Arabien und Jemen) sowie in Teilen Nigerias und Somalias steht die Todesstrafe auf homosexuelle Handlungen."

    Auf dieser Seite gibt es auch eine Graphik:

    diestandard.at/1392686202218/Homophobe-Gesetze-in-vielen-Laendern-der-Welt

     

    Also, wenn es im Wedding (und auch in anderen Stadtteilen anderer deutscher Städte?) solche Probleme gibt, dann sollte man sich stärker darum kümmern, daß sich Frauen in Miniröcken sowie schwule und jüdische Mitbürger sicher auf der Straße bewegen können.

    • @Der_Peter:

      Islamophobie bezeichnet Angst vor dem Islam.

       

      Ja, habe ich.

      Darf man das als Linker sagen?

      Ich mache es einfach mal und schaue, was passiert.

       

      Ich habe Angst vor islamischen Eiferern (auch vor christlichen, damit ich nicht diesen Einwand hören muss).

       

      Ich mag es nicht, wenn der Freund meines Mitbewohners mit einem Messer abgestochen wird, weil er von moslemischen Eiferern als Schwuler erkannt wurde. Ich habe als Schwuler auch Angst, wenn mir arabisch/türkisch aussehende Gruppen entgegenkommen. Dann lasse ich die Hand meines Mannes los.

       

      Ich kann sie verstehen, diese "Islamophobie" der Deutschen. Ich kann auch Aversionen gegen Kopftücher und Burkas verstehen.

       

      Wenn ich nach Bagdad reisen würde, würde ich ja auch nicht mit meinem Mann in der Öffentlichkeit knutschen, und kurzen Hosen und Sandalen rumrennen und öffentlich Bier trinken. Ich würde die Sitten des Gastlandes achten, auch wenn ich dauerhaft dort leben müsste.

      Aber hier, hier habe ich mir die Rechte der Schwulen erkämpft, die Frauen haben für ihre Gleichberechtigung gekämpft - und wenn Menschen Angst und/oder Aversionen/Vorbehalte vor diesem Islam haben, der uns das Mittelalter wiederbringen will, kann ich das zutiefst verstehen.

       

      Ich will nicht, dass Zündler - egal woher sie kommen - Moscheen in Brand stecken.

       

      Aber ich möchte auch nicht von den Moslems ins Mittelalter geschickt werden.

       

      Ich möchte einen offenen gesellschaftlichen Diskurs darüber, wie die Anhänger des Korans und unsere westlich geprägte sekuläre Gesellschaft zusammen passen können - oder wie man wenigstens eine friedliche Koexistenz organisieren kann.

       

      Mitmenschlichkeit kann ich jederzeit jedem Menschen gegenüber zeigen,

      SOLIDARITÄT erfordert jedoch mehr. Solange ich mich von ihnen jedoch bedroht fühle und sie sich meiner Lebenssituation gegenüber auch nicht besonders interessiert zeigen, fällt mir das ausgesprochen schwer - das muss ich hier zugeben.

       

      So, nun könnt Ihr auf mich einschlagen....

  • Kann ich aus Köln nicht bestätigen. Solche Viertel, solche Zustände gibt es hier nicht. Und RAKI steht im türkischen Laden offen im Regal.

    Dazu lesenswert:

    http://www.giselmut.de/buedchen.htm

  • Ich gebe D.J. Recht: in meiner Schulzeit hatte ich viel mit Türken alevitischer Konfesszion zu tun und kann nur sagen, dass das aufgeschlossene, junge, nicht-kopftuchtragende, nette Leute waren.

     

    Das ist ein krasser Unterschied zu den Türken, die ich sonst mit meinen nunmehr dreißig Jahren kennen gelernt habe.

     

    Es zeigt aber auch – das ist meine persönliche Erfahrung – dass Rassismus unter Einwanderern tatsächlich ein reines Problem der Sozialisierung ist. Nur was machen, wenn nicht einsperren oder ausbürgern? Ein Heer an Integrationshelfern ist teuer und hätte keinen großen Erfolg. Also was ist zu tun?

  • Huch, Deniz Yücel und kein Trollartikel, sondern einfach ein wohlformulierter und interessanter Beitrag? Ich ... das muss ich erstmal verarbeiten.

  • Ok, keine Hysterie wegen "Scharia Polizei". Dann man los, Ihr kleinen Nazibengel: "Arier Polizei"-Westen raus, die taz wird nur ein wenig mildtätig lächeln.

  • Der Vergleich der Schariapolizei mit derBrügerwehr im Osten hinkt;: Die einen wollen eine mittelalterlcihe Lebensweise durchsetzen, die anderen ganz einfach ihr Eigentum und ihr Haus schützen.Obowohl beides unseren Gesetzen widerspricht, trennen das Welten.

    • @Tupaq:

      Hä?

      Ist Eigentum besitzen zu dürfen, kein religiöser Punkt?

       

      Schauen Sie sich mal manche christlichen Ordensgelübnisse an, ob die Eigentum wie Auto und Haus überhaupt erlauben.

       

      Eigentum ist eine religiöse Erfindung.

      • @Age Krüger:

        Eigentum ist ein Prinzip zur Zuweisung von Gütern. Erkennt eine Gesellschaft private Rechtsbeziehungen, also solche der Bürger untereinander an, weil sie von der Selbstbestimmung des Einzelnen ausgeht, dann wird sie i.d.R. auch Privateigentum anerkennen, weil es die wirtschaftliche Grundlage von Freiheit bedeutet. Mit Religion hat das herzlich wenig zu tun.

        • @willanne:

          Das gibt leider auch keine Erklärung, wie Eigentum dann unabhängig von einem Glauben an Eigentum entstanden sein soll.

          • @Age Krüger:

            Ich hab dazu oben ne Antwort gepostet...

      • D
        D.J.
        @Age Krüger:

        Sie sprechen heute in Rätseln. Weil Ordensgelübde pers. Eigentum nicht erlauben, ist Eigentum eine rel. Erfindung? Mir nicht eingängig.

        • @D.J.:

          Kann sein, dass ich mich irre, aber das Aufkommen von religiösen Vorstellungen ist afair zeitgleich mit dem Seßhaftwerden der Menschen gewesen, also ab dem Zeitpunkt, wo es nennenswertes Eigentum wie Häuser, Hütten etc. gab. Vor der Seßhaftwerdung hat Eigentum nur eine geringe Bedeutung gehabt, bzw. nicht die gleiche wie danach.

          • D
            D.J.
            @Age Krüger:

            Ganz gut sein, Ake. Aber Korrelation heißt nicht Kausalität, wie Sie wissen.

    • @Tupaq:

      Och, nicht unbedingt. Man kann auch seine Werte als sein Eigentum sehen, vielleicht noch als wichtiger als irgendwelchen materiellen Besitz. Und gilt es das nicht auch zu beschützen? Mehr machen Scharia-Wächter ja nicht, ist also meiner Meinung doch auch vergleichbar.

      • @Georg S.:

        Nur, warum werden deren Werte verletzt, wenn Andere ein Bier trinken?

         

        Das bedeutet ein Geltungsanspruch der eigenen Werte auch für Andere, einen Herrschaftanspruch der eigenen Person über Andere. Eigentum hingegen bedeutet lediglich, dass ich andere von einem Gut ausschließen kann, und genauso funktioniert der Schutz der Religionsfreiheit (ggü. dem Staat) als Abwehrrecht.

      • D
        D.J.
        @Georg S.:

        Ist ja alles dasselbe, keine Panik, kennen wir doch, wir machen doch alle dasselbe, sind wir denn besser, und überhaupt wir im Mittelalter, kein Wunder bei dem Neoliberalismus, es gibt überall schwarze Schafe, was soll die Hysterie, mehr Angebote machen und überhaupt könnte man mit den Worten des Zaubereiministers in Harry Potter sagen:

        ICH SEHE KEINE GRAVIERENDEN PROBLEME

      • @Georg S.:

        Mit Verlaub, "seine" Werte schützt man in diesem Sinne durch eigenes Verhalten im Sinne dieser Werte (Vorbild wirkt übrigens erzieherisch, wenn andere es als positiv empfinden und sich deshalb daran orientierenmöchten).

         

        Eine "Scharia-Polizist", dessen Ziel es ist, andere durch moralischen oder wie auch immer gearteten Druck zur Übernahme "seiner" Werte zu bringen, schützt nicht sein "moralisches Eigentum", wie Sie es wohl gern sehen möchten, sondern versucht, es anderen ungefragt auf die Nase drücken.

  • D
    D.J.

    Nach meiner Erfahrung sind erfolgreiche Türkischdeutsche weit überdurchschnittlich Aleviten. Hier gibt es - wiederum kann ich nur von meiner Erfahrung sprechen - auch mehr Beziehungen zu "Biodeutschen". Was freilich zu der Frage Anlass bietet, inwieweit außer einer unleugbar vorhandenen Fremdenfeindliscjhkeit vieler Deutscher nicht auch die Selbstabgrenzung vieler fromm-sunnitischer Türkischstämmiger eine große Rolle spielt beim Erfolg oder Nichterfolg der ges. Teilhabe.

  • "...oder eine Kippa zu tragen. " - Komischerweise kommt das alles dann immer viel leichtfüßiger und nachsichtiger daher, na komm', liebenswerte Folklore halt, bißchen "das darfst du nicht, sonst...", sollen sich halt dran halten, die Frauen und Juden, und wenn nicht, wegbeleiben. Im umgekehrten Fall hingegen malt auch gerade die taz schnell mal das vierte Reich an die Wand.

    • @ioannis:

      Aber genau das ist es doch nicht, was Deniz Yücel hier macht. Er beschreibt lediglich in seiner für ihn typischen, etwas flapsigen Art, was in diesen Berliner Bezirken nicht zu empfehlen ist. Und der aufmerksame Leser erkennt darin natürlich eine Kritik der dort beschriebenen Verhältnisse, also genau das Gegenteil, was sie bei Deniz Yücel vermuten, vielleicht aufgrund von politischer Voreingenommenheit ihrerseits, aber das, das ist genauso sehr Spekulation wir ihr Beitrag und, vielleicht, genauso falsch.

    • @ioannis:

      Das ist allerdings etwas, das ich auch immer wieder bemerke und mich wirklich fuchsteufelswild macht.

       

      Und die Crux dabei: genau das ist Rassismus.

  • 6G
    688 (Profil gelöscht)

    Tja, ein bisschen Scharia des "freiheitlichen" Wettbewerbs ist auch, wenn der öffentliche Raum mehr und mehr mit Überwachungskameras ausgestattet wird, wenn Jugendliche nun nicht mehr so wie früher Alkohol und Kippen vernichten dürfen, eben weil sie wegen zunehmender Arbeitslosigkeit ... ;-)

    • @688 (Profil gelöscht):

      Oder wie sieht es aus, wenn zu manchen Tagen verboten wird, zu tanzen? Ist dieses Christengedöns besser oder schlechter als irgendein Islam-Gedöns?