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Kommentar Regierung in AfghanistanWahlergebnis ohne Zahlen

Kommentar von Thomas Ruttig

Fantasievolle Afghanen: Weil keiner der Kandidaten sein Gesicht verlieren soll, werden die genauen Wahlergebnisse nicht bekannt gegeben.

Mehr oder weniger sind beide Sieger: die rivalisierenden Präsidentschaftskandidaten Abdullah Abdullah (l.) und Ashraf Ghani. Bild: reuters

A fghanistans Politiker haben wieder einmal Fantasie bewiesen: Wohl erstmals in der Geschichte von Wahlen gehen solche – hier für das Amt des Präsidenten – zwar mit einem Ergebnis zu Ende, dem aber keine konkreten (Prozent-)Zahlen zugrunde gelegt werden. Einen offiziellen „Gewinner“ soll es nicht geben und noch viel weniger einen „Verlierer“. Trotz, oder wegen, erneut offensichtlicher Wahlmanipulationen will und soll diesmal niemand sein Gesicht verlieren.

Dafür kommen beide Seiten an die Macht, in einer sogenannten Regierung der nationalen Einheit. Beziehungsweise sie bleiben es, denn die sogenannte Opposition hatte unter dem scheidenden Präsidenten Karsai ja schon hohe Regierungsämter inne. Die unklaren Linien zwischen Regierung und Opposition sind eine weitere Merkwürdigkeit afghanischer Demokratie. Das Konstrukt der Einheitsregierung ist im Land deshalb durchaus umstritten, da es das Wahlergebnis und damit Afghanistans schwache, eigentlich zu stärkende demokratische Mechanismen und Institutionen weiter untergräbt.

Trotzdem ist die Einigung auch ein Erfolg, allerdings nur ein bedingter. Abgewendet wurde ein Gewaltausbruch, mit dem die unterlegene Seite seit Wochen drohte. Aber damit ist noch keines der zahlreichen Probleme des Landes gelöst – von der systematischen Korruption und dem Krieg mit den Taliban bis zum ökonomischen Abschwung in Folge des tendenziellen Abzugs des Westens. Das soll die neue Einheitsregierung tun, und es fehlt auch nicht an allerdings recht konturlosen Reformversprechen.

Wie es ein früherer UN-Sondergesandter einmal formulierte, auf Karsai und seine Reformversprechen anspielend: „Das Huhn hat versprochen, demnächst ein Ei zu legen.“ Nun sitzen – man verzeihe den Vergleich – zwei Hühner im afghanischen Gelege.

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