Gesetze gegen deutsche Dschihadisten: Wenn Täter fest entschlossen sind
Hunderte Islamisten aus Deutschland sind in die IS-Gebiete ausgereist. Um das zu verhindern, sollen nun Gesetze nachgebessert werden.
BERLIN/FREIBURG taz | „Weit über 450 Personen“ seien bereits aus Deutschland ausgereist, um sich im Irak und in Syrien der Terrormiliz IS anzuschließen: Diese Zahl nannte Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen am Donnerstag dem Fernsehsender N24.
Sein Timing passte. Stunden zuvor hatte der UN-Sicherheitsrat die Mitgliedstaaten in einer Resolution dazu verpflichtet, die Ausreise potenzieller Terroristen zu verhindern. Innenpolitiker der Koalitionsfraktionen griffen die UN-Forderung rasch auf. „Für geeignet halte ich die Verhinderung der Ausreise fanatisierter junger Männer durch Einziehung des Reisepasses oder eines Vermerkes im Personalausweis“, sagte Uli Grötsch (SPD) der taz. Ähnlich hatte sich zuvor schon Unionsfraktionsvize Andreas Schockenhoff geäußert.
Die Bundesregierung denkt über Gesetzesverschärfungen nach: „Wir prüfen jetzt, inwiefern die Resolution Änderungen des Strafrechts erfordert“, sagte Justizminister Heiko Maas (SPD) zu Spiegel Online. Dabei wird das deutsche Recht den Anforderungen der UN-Resolution über „ausländische terrroristische Kämpfer“ im Kern bereits gerecht. Wenn es Nachbesserungsbedarf gibt, dann nur in Details.
So macht sich schon seit 2001 strafbar, wer eine ausländische terroristische Vereinigung unterstützt oder darin Mitglied wird. Der damals neu eingeführte Paragraf 129 b des Strafgesetzbuchs war eine direkte Reaktion auf die Al-Qaida-Anschläge vom 11. September 2001. Islamisten, die sich IS anschließen, müssen deshalb nach ihrer Rückkehr mit Strafverfahren rechnen, so wie der Deutschalbaner Kreshnik B., der derzeit in Frankfurt vor Gericht steht.
Vorfeldstrafbarkeit
Weil sich Islamisten zeitweise nur noch in losen Netzwerken organisierten und auch immer mehr terroristische Einzeltäter auftauchten, führte der Bundestag 2009 auch hierfür eine Vorfeldstrafbarkeit ein. Seitdem ist auch die „Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“ strafbar (§ 89a). Bestraft werden kann dabei die Beschaffung von Finanzmitteln und Sprengstoffutensilien sowie der Besuch terroristischer Ausbildungslager oder sonstiger Unterrichtungen über Sprengstoff und Schusswaffen. Diese Handlungen müssen dazu dienen, einen Anschlag vorzubereiten. Der Anschlag kann auch im Ausland geplant sein.
Erst im Mai hat der Bundesgerichtshof dies in einem Grundsatzurteil einschränkend ausgelegt. Niemand dürfe für Vorbereitungshandlungen bestraft werden, der nur vage überlegt, einen Anschlag zu verüben. „Bedingter Vorsatz“ genüge also nicht, so die Richter. Erforderlich sei vielmehr „dass der Täter bereits fest entschlossen ist, später eine schwere staatsgefährdende Gewalttat zu begehen“. Die geplante Tat müsse zumindest „in Umrissen konkretisiert“ sein. Im konkreten Fall hatte ein Islamist mit Chemikalien in seiner Küche experimentiert und dabei eine Explosion ausgelöst, die ihn selbst schwer verletzte. Bei der Reise in die IS-Kampfgebiete und der Teilnahme an IS-Ausbildungen dürfte der geforderte Vorsatz in der Regel gegeben sein.
Das Innenministerium prüft derzeit eine Verschärfung des Ausweisrechts. Da der Personalausweis (anders als der Reisepass) nicht entzogen werden kann, reisen Islamisten häufig mit diesem Papier in die Türkei, und von dort ist es leicht, nach Syrien zu kommen. Deshalb kann künftig wohl im Personalausweis von Personen, die als gefährlich gelten, ein Vermerk angebracht werden, dass der Ausweisinhaber Deutschland nicht verlassen kann. Diese Überlegungen bestanden schon vor der UN-Resolution. Die Opposition lehnt Gesetzesverschärfungen ab. „Wenn die geltenden Gesetze richtig angewendet werden, müssen keine neuen geschaffen werden“, sagte Irene Mihalic (Grüne).
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