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Flüchtlingsschule in Berlin-KreuzbergDer Showdown

Bis zum Wochenende sollen alle Flüchtlinge die besetzte Schule verlassen, sonst will der Bezirk polizeilich räumen lassen. Widerstand ist geplant.

Bevorstehendes Szenario: Polizisten betreten das Gelände der Gerhart-Hauptmann-Schule. Bild: dpa

BERLIN taz | Die besetzte Gerhart-Hauptmann-Schule in der Ohlauer Straße in Kreuzberg steht kurz vor der Räumung. Der Bezirk hatte den etwa 45 Flüchtlingen und UnterstützerInnen in der Schule ein Ultimatum gestellt: Bis Ende Oktober, also Freitag um Mitternacht, müssen diese die Schule verlassen. Tun sie das nicht freiwillig, werde der Bezirk räumen lassen, bekräftigte die Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) am Mittwochabend: „Wir haben im Bezirksamt entschieden, in diesem Fall die Amtshilfe der Polizei in Anspruch zu nehmen“, sagte die Grünen-Politikerin in der Bezirksverordnetenversammlung. Sie gehe aber davon aus, dass die BesetzerInnen die Schule freiwillig verlassen.

Die sehen das allerdings anders: Bei einer Pressekonferenz vor der Schule machten die Flüchtlinge am Donnerstagnachmittag deutlich, dass sie das Gebäude auf keinen Fall freiwillig verlassen wollen. „Wir werden hierbleiben und weiterkämpfen“, sagte ein Bewohner, „wir wollen nicht gehen, sondern mit dem Bezirk über eine Lösung verhandeln.“

Gleichzeitig gibt es Blockadeankündigungen aus der UnterstützerInnenszene: „Wir erklären hiermit, dass wir uns einer Räumung der Schule entgegenstellen werden“, heißt es in einem am Donnerstag verbreiteten Aufruf des Bündnisses „Zwangsräumung verhindern“. Am Mittwoch kam es bei einer Solidaritätskundgebung vor der Schule bereits zu Auseinandersetzungen mit der Polizei.

Für vier Wochen sollen die BewohnerInnen Hostelgutscheine vom Bezirk bekommen. „Ob sie danach in die für sie zuständigen Bundesländer oder nach Italien zurückgehen oder nicht, ist ihre Entscheidung“, so die grüne Bezirksbürgermeisterin. In Berlin könnten sie mit keinerlei Unterstützung mehr rechnen. Innensenator Frank Henkel (CDU) habe ihr signalisiert, dass es „ganz sicher keine Ausnahmen geben wird“. Sie rate den Betroffenen dringend, „Perspektiven zu entwickeln“. „Sich irgendwo zu verstecken, ist nicht hilfreich.“

Alternativprojekte gescheitert

Die Flüchtlinge wollen das Haus als selbst verwaltetes „Sozial-, Kultur- und Flüchtlingszentrum“ nutzen, neben Wohnplätzen soll es auch Raum für Projekte und einen Nachbarschaftstreff geben. Das Berliner Grips-Theater arbeitet bereits mit den Flüchtlingen an Theaterprojekten, auch die Zusammenarbeit mit einer im Sommer gegründeten Nachbarschaftsinitiative läuft laut der Beteiligten gut.

Auf den ersten Blick sehen die Pläne des Bezirks ähnlich aus: Er möchte das Haus zu einem „Internationalen Flüchtlingszentrum“ umbauen, 140 Menschen sollen hier unterkommen. Allerdings: Dieser Plan sieht keine Selbstverwaltung vor, das Heim wäre eine reguläre Flüchtlingsunterkunft unter der Regie des Landesamts für Gesundheit und Soziales. Als Träger sind der Paritätische Wohlfahrtsverband sowie die Diakonie im Gespräch. „Damit die Umbauarbeiten beginnen können, muss das Gebäude leer sein“, sagt Bezirkssprecher Sascha Langenbach. Die jetzigen BewohnerInnen hätten keinen Anspruch auf eine Unterbringung in dem neuen Heim.

Mit einer Räumung der Hauptmann-Schule würde die Flüchtlingsbewegung einen weiteren wichtigen Ort in Berlin verlieren. Nach der Räumung des Oranienplatzes im April wurden die CampbewohnerInnen auf verschiedene Heime verteilt und die Prüfung ihrer Asylverfahren vereinbart. Für gut 500 von 550 Personen ist diese Prüfung mittlerweile offiziell abgeschlossen. In nahezu allen Fällen wurden die Ersuchen abgelehnt, woraufhin die Betroffenen den Anspruch auf Unterbringung verloren und die Heime verlassen mussten. Offiziell gibt es kaum Angaben über ihren Verbleib, viele sind offenbar bei UnterstützerInnen untergekommen und leben weiter in Berlin.

Der Bezirk hatte bereits Ende Juni versucht, die Schule zu räumen. Die BewohnerInnen besetzten damals das Dach des Gebäudes, in einem zweiwöchigen Großeinsatz sperrte die Polizei den Kiez ab. Am Ende unterschrieben Flüchtlinge und Bezirksvertreter eine Einigung. Dort war festgehalten, dass die rund 45 Menschen in der Schule bleiben können, wenn sie den Nachzug weiterer Personen verhindern. Bewohner und der Bezirk werfen sich nun gegenseitig vor, nicht ernsthaft an dem in der Vereinbarung festgehaltenen Dialog interessiert zu sein.

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13 Kommentare

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  • Es sei die Entscheidung der Flüchtlinge, ob sie in die für sie zuständigen Bundesländer oder nach Italien gingen, befindet Frau Herrmann und das impliziert, dass die Flüchlinge frei über ihren Aufenhhaltort entscheiden können. Und weil Frau Herrmann weiß, dass es genau so nicht geht, weist sie gleich darauf hin, dass es nicht hilfreich sei, sich zu verstecken.

    Perspektiven kann man nicht entwickeln, wenn man gar nicht weiß, wo man nun eigentlich hinsoll. Jeder Mensch hat ein Anrecht auf menschenwürdige Unterbringung, Essen, Trinken und einen Zugang zu mediinischer Versorgung. Darüber kann Frau Hermann in einer stillen Stunde bei Rooibuschtee und Kerzen aus dem 1. Welt-Laden ja einmal nachsinnen, bevor sie zum Betroffenheits-Jazz in die Gethsemane-Kirche geht.

    Das ist alles nicht mehr "grün", nee, das ist nicht mal mehr sozial.

  • Die Zustände in der Schule sind doch unzumutbar für Bewohner, egal ob Deutsche oder Ausländer, sie wurde als Schule gebaut und nicht als Wohnheim oder Hotel. Wenn man sie als Flüchtlingsunterkunft nutzen will und dies ist bei den steigenden Flüchtlingszahlen unvermeidlich, muß sie umgebaut werden. Und dass ein so großes Gebäude für 140 neue Bewohner genutzt wird, als nur für 40, ist nachvollziehbar. Das der Umbau schneller geht, wenn das Gebäude leer steht, ist sicher auch klar. Ich kann also nicht so ganz nachvollziehen, warum es jetzt soviel Initiativen gibt, die einen Auszug der jetzigen 40 Bewohner aus einer menschnunwürdigen Unterkunft verhindern wollen. Sie verhindern damit ja auch, das für ca 140 Flüchtlinge schnell menschenwürdige Unterkünfte geschaffen werden.

  • Die Entwicklung zeigt, dass mensch in dieser Frage niemals der Verwaltung trauen darf. Mit süßen Versprechen wurde erst der Oranienplatz und dann die Schule geräumt. Nun stehen die Leute vor dem Nichts. Verraten und Belogen. Eine Schande für Berlin!

  • So, so, die Betroffenen sollen also "Perspektiven entwickeln". Welche denn? In ihr Land zurück gehen und unter menschenunwürdigen Bedingungen leben? In das Einreiseland zurück gehen und unter menschenunwürdigen Bedingungen leben? Diese Menschen können sich keine "Perspektiven entwickeln", weil es diese Perspektiven nicht gibt. Frau Herrmann verhöhnt diese Menschen nun also schon öffentlich - sehr traurig was sie da tut!!!

     

    Vor ein paar Wochen hieß es noch, die geflüchteten Menschen dürfen während des Umbaus in der Schule bleiben, jetzt muss es leer sein für den Umbaut - da fragt mensch sich doch, wer da vor ein paar Wochen offensichtlich gelogen hat. Die Antwort kann nur sein, dass es Frau Herrmann war.

    • @Sven Buchien: Kommentar entfernt.
      • @kreuzberger007:

        wer zerdeppert wem was, bedroht gäste und wird handgreiflich?

        • @käthe:

          Darf ich lösen? Sie sind grün, sie tragen Helme und sind gemein - die Freunde von der Polizei - richtig? ;)

          • @Sven Buchien:

            Und manchmal bringen sie auch nochn Hund mit. Oder zwei.

      • @kreuzberger007:

        Ja klar, Frau Herrmann sieht sich aus ihrer Verantwortung und Schuld an alle dem sind dann nur die Menschen, die in der Schule eine Zuflucht gesucht haben. Klar.

         

        Außerdem ist die Aussage vom Stadtrad klar, oder? Er sagt eindeutig, die Schule muss LEER sein, damit mit dem Umbau begonnen werden kann. Die Menschen werden also nicht geräumt weil sie, in einem kaputten Gebäude!!! irgendwas kaputt gemacht haben, sondern weil der Bezirk festgestellt hat, dass die Kosten zu hoch sind und sie sich diese Verantwortung nicht mehr leisten können.

         

        Das der Bezirk dabei nicht einmal in Betracht zieht, das Ganze in eine Selbstverwaltung abzugeben, ist daran das traurige. Ich bin mir nämlich sicher, dass die UnterstützerInnen sehr schnell einen Förderverein gründen würden und das ganze Projekt so finanziell abgesichert wäre - ohne das der Bezirk irgendwas dazu geben müsste, außer halt das Gebäude.

    • @Sven Buchien:

      eine Grüne, die lügt , kann das sein??

      • @Georg Schmidt:

        Warum sollte das nicht sein können?

    • @Sven Buchien:

      Wohnen ja aber nicht mehr. Die Flüchtlinge wollten dort aber ihr eigenes Ding durchziehen.

      • @mrf:

        Wie mensch jetzt sieht, wäre es wahrscheinlich auch besser gewesen, wenn die Leute dort etwas in Selbstverwaltung aufgezogen hätten. Dem Bezirk werden seine Zusagen ja jetzt zu teuer...