Kommentar Papst-Besuch in der Türkei: Eine Wohltat
Erfrischendes aus Rom: Papst Franziskus betont in der Türkei die Suche nach Frieden als Kernbotschaft aller großer Religionen.
P apst Franziskus ist eine Wohltat. Das gilt sowohl im Vergleich zu den meisten seiner Vorgänger, aber auch angesichts diverser Potentaten weltweit, die immer häufiger die Religion als Herrschaftsinstrument zu missbrauchen versuchen. Sei es der türkische Präsident Tayyip Erdogan, der den Islam nicht nur als Herrschaftsinstrument im Innern benutzt, sondern auch immer öfter im Namen des Islams gegen den Westen hetzt, seien es Wladimir Putin als oberster Beschützer der Orthodoxie oder Narendra Modi als führender Hindu-Nationalist: bei Autokraten steht die Religion wieder hoch im Kurs.
Umso wichtiger ist es, dass der derzeitige Papst nicht mehr dabei mitmacht, das Christentum als geistige Grundlage westlicher Vormachtstellung missbrauchen zu lassen. Dabei hilft sicher, dass Franziskus als Argentinier schon als Person nicht mehr den klassischen Westler repräsentiert, gleichzeitig aber wohl auch, dass sich in der katholischen Kirche zunehmend die Erkenntnis durchsetzt, dass ihre Zukunft nicht mehr in Europa, sondern eher in Lateinamerika, Afrika und Asien liegt. Die Kirche braucht daher eine globale Botschaft, und das ist Frieden statt der religiösen Verbrämung geopolitischer Machtkämpfe.
Ganz anders als sein Vorgänger Benedikt, der mit seiner Haltung den römisch-katholischen Machtanspruch des Westens gegenüber den Ländern des Südens repräsentierte, ist Franziskus selbst ein Mann des Südens. Er verwahrt sich dagegen, die Religion für die Legitimierung des einen und die Delegitimierung des Machtanspruches des anderen missbrauchen zu lassen. Gerade in einer Zeit, in der islamistischer Terror dazu verführt, den Islam und damit alle Muslime im Reich des Bösen anzusiedeln, ist ein Papst wichtig, der die Suche nach Frieden als Kernbotschaft aller großer Religionen betont.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um Neuwahlen
Inhaltsleeres Termingerangel
Energiepläne der Union
Der die Windräder abbauen will
SPD nach Ampel-Aus
It’s soziale Sicherheit, stupid
Überwachtes Einkaufen in Hamburg
Abgescannt
Lehren aus den US-Wahlen
Wo bleibt das linke Gerechtigkeitsversprechen?
Obergrenze für Imbissbuden in Heilbronn
Kein Döner ist illegal