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Rückkauf in HamburgRote Flora verstaatlicht

Das Landgericht Hamburg hat eine Klage gegen den Rückkauf der Roten Flora abgewiesen. Damit ist die Stadt wieder Eigentümerin des Zentrums.

Hat nun schon verschiedene Eigentümer kommen und gehen sehen: die Hamburger Rote Flora. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Stadt Hamburg ist wieder Eigentümerin der Roten Flora: das Hamburger Landgericht hat eine Klage des Vor-Eigentümers Klausmartin Kretschmer gegen den Verkauf abgewiesen. „Der Rückkauf der Roten Flora ist rechtskräftig“, bestätigte Finanzbehörden-Sprecher Daniel Stricker am Dienstag der taz.

Es hatte wie eine perfekte Inszenierung zu den bevorstehenden Bürgerschaftswahlen gewirkt, als der SPD-Vize-Landeschef Nils Weiland in seiner Funktion als Insolvenzverwalter unmittelbar vor dem Hamburger SPD-Landesparteitag am 1. November und drei Tage vor dem 25. Jahrestag der Besetzung des autonomen Stadtzentrums verkündete, er habe das Gemäuer des klammen Investors Klausmartin Kretschmer für 820.000 Euro an die Stadt verkauft. In Treuhänderschaft werde es dann der Hamburger Daniel Lawaetz Stiftung übergeben.

Kretschmer und sein Adjutant und Consulting-Berater Gert Baer hatten bis zuletzt um das Gebäude gekämpft, weil sie auf dem lukrativen Areal im hippen Schanzenviertel ein Kommerz-Projekt mit Konzerthalle und Gastronomie verwirklichen wollten. Schließlich hatte Gert Baer versucht, selbst die Gemäuer durch ein höheres Angebot aus dem Insolvenztopf zu ergattern, zudem bot er einen Investor aus Panama auf, der jedoch Insolvenzverwalter Weiland unseriös erschien und sich als Briefkastenfirma entpuppte.

Ursprünglich wollte der SPD-Senat um Bürgermeister Olaf Scholz schon zu Jahresanfang den Konflikt vom Tisch haben, nachdem Kretschmer und Baer im vorigen Herbst mit ihren Räumungsszenarien für Unruhe gesorgt hatten. 1,1 Millionen Euro wollte sich Scholz den Frieden kosten lassen. Doch beide wiesen das Angebot als „Nötigung“ zurück. Daraufhin leitete die Finanzbehörde ein Enteignungsverfahren ein und forderte die 2001 verkaufte Immobilie für den damaligen Kaufpreis von 190.000 Euro wegen Vertragsbruchs zurück, denn Kretschmer verfolge nun „renditeorientierte, immobilienwirtschaftliche Interessen“, so Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD).

Doch dann erinnerte sich ein Hamburger Finanzamt an die Steuerschulden Kretschmers und beantragte beim Amtsgericht ein vorläufiges Insolvenzverfahren. Zum Insolvenzverwalter wurde der Anwalt und Olaf-Scholz-Vertraute Nils Weiland berufen, der flugs Verhandlungen mit der Stadt zum Rückkauf der Flora aufnahm.

Auch wenn die Lawaetz Stiftung als neuer Treuhänder ein alternatives Flair besitzt, hat sich der SPD-Senat vertraglich jederzeit ein Recht auf Intervention gesichert, wenn es politisch opportun erscheint. Daher bleiben die Rotfloristen skeptisch: „Wir sind keine Freunde der bürgerlichen Eigentumsordnung und insofern ist es uns egal, wer meint, Besitzerin der Flora zu sein“, hieß es im Plenum.

Ungeachtet des Eigentümer-Wechsels finden in der Roten Flora seit dem Sommer umfangreiche Umbauten statt, um das Zentrum zu modernisieren und weiter zu öffnen. Das Motto dazu: „25 Jahre Rote Flora sind nicht genug – Flora baut.“

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2 Kommentare

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  • Vom Regen in die Traufe und wieder zurück.

    Na, Hauptsache innen drin, in der Flora, und drum-herum (im Schanzenumfeld) bleibt alles in nonkonformistisch alternativer Aktionsfreude. Jedwelchen (Papier-)"BesitzerInnen" zum Trotz. Und also vorfreu ich mich schon auf den nächsten Besuch bei den FloristInnen.

  • Rückkauf

    Rote Flora verstaatlicht

    Das Landgericht Hamburg hat die Klage gegen den Rückkauf der Roten Flora zurückgewiesen.

     

    Damit ist die Stadt wieder Eigentümerin des autonomen Zentrums.

     

    Na Letzteres - möt sik ers utwiesen;•)

    oder - Besser nich!