piwik no script img

Kommentar Tillich und IslamHauptstadt der Orient-Liebe

Daniel Bax
Kommentar von Daniel Bax

Sachsens Ministerpräsident Tillich meint, dass der Islam nicht zu Sachsen gehört. Da kennt er die Geschichte seines Landes aber schlecht.

Ein bisschen Islam darf sein – aber bitte nur im Ausland: Tillich in Abu Dhabi Bild: dpa

A uch wenn in Dresden nur wenig Muslime leben, wie bei der Erörterung der Pegida-Proteste immer wieder hervorgehoben wird, gibt es wohl keine andere deutsche Stadt, die so stark vom Islam geprägt ist wie die sächsische Hauptstadt. Das fängt schon mit ihrer berühmten Silhouette an, in die sich seit hundert Jahren ein Stück muslimischer Architektur prominent eingefügt hat.

Es handelt sich um die ehemalige Zigarettenfabrik Yenidze, die 1908 errichtet und nach ihrem Tabakanbaugebiet im damaligen Osmanischen Reich benannt wurde. Der orientalische Baustil war damals, im späten Deutschen Kaiserreich, äußerst populär. Heute ist die Glaskuppel des einstigen Fabrikgebäudes – vor allem abends, wenn sie erleuchtet wird – von Weitem sichtbar.

Die alte sächsische Liebe zum Orient spiegelt sich aber auch in Dresdens staatlichen Kunstsammlungen wider – speziell in der Türckischen Cammer im Dresdener Residenzschloss, die zu den bedeutendsten Sammlungen osmanischer Kunst außerhalb der Türkei gehört. Sachsens Kurfürst August der Starke (1670–1733) setzte sich auf seinen barocken Festen gern als Sultan in Szene und importierte dafür Kamele und Araberpferde aus dem Osmanischen Reich.

Und nicht zu vergessen der sächsische Schriftsteller Karl May (1842–1912). Dessen ehemalige Villa in Dresden-Radebeul beherbergt heute ein Museum, das von der Orientbegeisterung des Schöpfers von Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar zeugt.

Dass in Dresden jede Woche so viele Menschen auf die Straße gehen, um gegen eine angebliche „Islamisierung“ auf die Straße zu gehen, und Sachsens Ministerpräsident Tillich nun sogar meint, der Islam gehöre nicht zu Sachsen, zeugt da von erstaunlicher Geschichtsvergessenheit. Eher muss man sich fragen, ob dieses Sachsen noch zu Deutschland gehört.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Redakteur im Regieressort der taz. Er schreibt über Politik und Popkultur – inbesondere über die deutsche Innen- und Außenpolitik, die Migrations- und Kulturpolitik sowie über Nahost-Debatten und andere Kulturkämpfe, Muslime und andere Minderheiten sowie über die Linkspartei und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW). 2015 erschien sein Buch “Angst ums Abendland” über antimuslimischen Rassismus. 2018 folgte das Buch “Die Volksverführer. Warum Rechtspopulisten so erfolgreich sind.”
Mehr zum Thema

21 Kommentare

 / 
  • Tatsächlich hat das angeblich "christliche Abendland" eine zutiefst heidnische Tradition! Denn vor der mehr oder weniger mit Gewalt den Menschen aufgedrückten Christianisierung, waren in ganze Europa heidnische Kulte verwurzelt, und zwar viel länger als die paar Jahre Christentum. Bekanntlich wurden auch viele scheinbar christliche Festtage bewußt auf die Tage heidnischer Feste gelegt.

     

    Es ist also eine falsche und völlig verkürzte Sichtweise, die Geschichte Europas und unseres Landes nur zur Christianisierung zu betrachten und unsere lange heidnische Tradition zu verheimlichen und unterschlagen.

  • Karl May als Referenz für "muslimische Tradition" in Sachsen-?

     

    Und nicht zu vergessen all die Rothäute und Skalpiertraditionen und Komantschen und Sioux und Apatschen von denen die Sachsen mglw. so abstammen.-Herr Bax damit haben sie schwer an persönlicher Integrität für ein nochmaliges Interviewduell gegen Thilo Sarrazin eingebüßt. Wenn Sie diesem so jedesmal die Skurrilität seiner Faktenausführungen so sehr genüsslich unter die Nase reiben wollen- Ich hatte Sie mal ernsthaft ernst nehmen wollen. Nun bleibt mir nur der Georg Thomalla an Ihnen. Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd al Gossarah

    Am Ende der Reise ist Halef „nur noch äußerlich ein Moslem“ und tritt später samt seiner Familie auch offiziell zum Christentum über.-Irgendwie dumm gelaufen, als Referenz für den Islam.

  • Tillich will das gar nicht wissen. Gut auch, dass die taz nicht ihren Sitz in Sachsen hat, sonst würde die Staatsanwaltschaft nämlich aktiv werden, die wissen sich im Musterstandort des Ostens zu helfen. Zur Wahl geht auch niemand und Ausländer gibt's eigentlich nicht, aber die wenigen erzeugen noch Missgefühle, jedenfalls bei einigen. Tillich muss einfach für viele Nicht-Wähler sorgen, dann kann er für immer regieren.

  • Na - $ 94 RStGB is allang abgeschafft

    der Islamfreund ala Herr Bax -

    Anschlußverwendung - Tulpen Züchten

    in Holland - 2.0

     

    Tja - Bingo - Herr Bax -

     

    ich weiß schon -

    warum ich Beiträge immer mir mit

    "spitzen Fingern" zu Gemüte führe -

    Alles richtig - ok - gebongt - geht klar…

     

    Und dann - kurz vorm Klo -

    Wieder voll in die Hose -

    "… Eher muss man sich fragen, ob dieses Sachsen noch zu Deutschland gehört."

     

    Da Ironie Ihnen ja bekanntlich fremd ist

    Geht's noch? - Solipsismus scheint Ihnen ein höhere, nicht beherrschte Rechenart zu sein - mit innerer Logik will ich mal erst gar nicht kommen -

    Aber von einem - sorry - Milchreisbubi Ihrer Provenience den sattsamen Spruch - Geh doch rüber -

    tazgewendet zu lesen -

    das hätt ich mir echt nicht träumen lassen.

     

    Die sind nicht von hier -

     

    Lassen Sie sich das mal rahmen -

    Besser ist das!

     

    Ps: Danke für Ihren Kommentar. Er wartet auf Freischaltung. Bitte haben Sie Geduld und senden Sie ihn nicht mehrfach ab. - ok -

     

    mit F.K.Waechter - NÖ WIESO!

  • @Andreas Urstadt

     

    … ja - aber - drei -

    probieren Sie's aus

    Gustav Heinemann wußte es;)

     

    ansonsten - gehört Herr Bax noch

    in die taz -

    oder - nimmt die

    Diekmannisierung der taz

    (Klaus Theweleit) endgültig

    Überhand¿

  • Und der Nationalsozialismus gehört zu Bayern, denn in Nürnberg liegt das Reichsparteitagsgelände ....

    Können solche Artikel nicht auch als ironischer Beitrag besser gekennzeichnet werden?? Ach so, ironisch war's garnicht gemeint?

    • @*Meinung*:

      Historisch leider falsch:

      Der Nationalsozialismus gehört zu Bayern weil München die Stadt der Bewegung war...

      • @hdn:

        Was zwar auch Richtig ist, sich aber nicht mit der Aussage des Artikels und des Kommentars deckt.

      • @hdn:

        autsch

  • 5G
    5393 (Profil gelöscht)

    wenn Herr Bax Edward Said gelesen hätte, hätte er die Vergleiche nicht bemüht, da zeigen nämlich vier Finger zurück

     

    wie wenig der Islam zu Herrn Bax gehört, hat er gezeigt

  • Kommentar entfernt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

  • "Eher muss man sich fragen, ob dieses Sachsen noch zu Deutschland gehört."

     

    Diesen Gedanken hatte ich auch schon desöfteren in den vergangenen Wochen :-)

  • Muslime gehören zu Deutschland und auch zu Sachsen. Der Islam aber hat keine Tradition in Deutschland, geschweige denn in Sachsen. Wenn Wulff und Merkel behaupten, der Islam gehöre zu Deutschland, dann ist dies keine historische Feststellung, sondern ein politisches Statement und als solches zu werten.

    • @DorianXck:

      Wulffs sagte wörtlich: "Auch der Islam gehört inzwischen zu Deutschland."

       

      Dass der Islam bereits früher zu Deutschland gehört bzw. "eine Tradition" in Deutschland habe, sagt Wulff somit gerade NICHT.

       

      Die Leute, die ihn da permanent missverstehen (wollen), machen aber leider größtenteils den Eindruck, als mangele es ihnen nicht nur an sprachlichem Verständnis, sondern außerdem auch an der Bereitschaft, die von Wulff beschriebene Realität zu akzeptieren...

    • @DorianXck:

      Hallo Dorianxck,

      naja, ich werfe allerdings die Frage in den Raum ab welchem Zeitraum man etwas als "Geschichte" ansieht.

      Wir haben den Islam als Religion in unseren Breiten akzeptiert als man die ersten Gastarbeiter ins Land holte.

      Und das ist mittlerweile länger her, als ich lebe. Gilt da auch schon der Stempel "Geschichte"?

      Ich denke ja.

      • @Hendrik Buhr:

        Ja, H. Buhr, natürlich ist der Islam in D akzeptiert, so wie auch der Buddhismus, der Hinduismus, der Shintoismus oder andere Religionen, auch wenn Sie keine Tradition in D haben. Trotzdem gehört er m. E. nicht zur dt. Identität.

      • @Hendrik Buhr:

        für die damalige DDR, zu der Sachsen gehörte, gilt das ja wohl nicht. Die dortigen Gastarbeiter waren überwiegend keine Muslime.

         

        Also höchstens 25 Jahre?

  • Kann es sein, dass hier jemand so einiges durcheinander bringt. Nur weil sich eine Baukunst in einem kulturellen bzw. religiösen Hintergrund entwickelt ist sie dennoch nicht mit der Religion gleichzusetzen.

     

    Übrigens hat eine Zigarettenfabrik nichts mit dem Islam zu tun, auch wenn sie aussieht wei eine Bilderbuchmoschee

    • @Kleopatros:

      Ja der Herr Bax ist halt noch a weng jung - & …öh unbedarft

       

      ähnliche Bauwerke finden sich in Potsdam - und anderwo - ja;

      die Achse Berlin/Istanbul -

      Macht/Militär/Wirtschaftsinteressen pur;

       

      (Ein auch sonst interessierter Vorreiter war ein Herr Strauß - dessen Sarezzener-Krummschwerter als Geschenke - ich als Pöks in Sachsen-Anhalt bewundern durfte - wie der einquartierte russische Offizier, der anschließend meiner zitternden Patent-ente höflich nickend den Truhenschlüssel zurückgab;)

  • Da haben Sie Herrn Tillich falsch verstanden. Er sagte nicht, die arabische oder osmanische Kultur gehört nicht zu Sachsen, sondern deren Religion. Die DDR war 40 Jahre ein atheistischer Staat und es gab fast überhaupt keine Muslime. Die Ausländer kamen eigentlich nur aus Vietnam, Mosambik, Kuba, Angola, Nicaragua oder den europäischen „Bruderstaaten“.

    • @HWIng:

      a. der protestantismus gehört nicht zu sachsen - b. der katholizismus auch nicht - c. der islam dto. - d. der judaismus ebenfalls nicht - e. der buddhismus...

       

      aber viele, viele MENSCHEN, mit und ohne glauben - bunt wie die dresdner neustadt - wo ministerpräsidenten selten kaffee trinken - oder türkischen tee...