Porträt der Grünen Katharina Fegebank: Ungeduldiges Wahlkampftier
Katharina Fegebank soll die Hamburger Grünen in eine Koalition mit der SPD führen. Eigentlich zieht es sie aber aufs internationale Parkett.
HAMBURG taz | Es ist noch dunkel, als für Katharina Fegebank der Wahlkampftag beginnt. Am Hauptausgang des S-Bahnhofs Barmbek stemmt sie sich, dick eingepackt und mit grüner Pudelmütze, gegen den Strom derer, die aus der Bahnhofshalle drängen, um einen der zahlreichen Busse zu erwischen, die hier draußen ankommen und abfahren. Nur wenige lassen sich einen Flyer in die Hand drücken, niemand bleibt stehen für ein Gespräch.
Macht sowas Spaß? „Ich bin ein Wahlkampftier“, sagt die 37-Jährige. „Um daran Spaß zu haben, muss man Menschen mögen und Lust haben, auf sie zuzugehen.“ Das Landesvorstandsmitglied der Hamburger Grünen, von ihren Parteifreunden „Katha“ genannt, mag Menschen und hat Lust auf Wahl-Nahkampf.
Es ist der dritte Bürgerschaftswahlkampf, den Fegebank mitmacht, aber der erste als Spitzenkandidatin. 2004 kam sie, gerade frisch Parteimitglied geworden, aus Berlin nach Hamburg. Schnell mischte sie aktiv im Landesverband mit, übernahm Projekte, wurde Beisitzerin im Landesvorstand – und war 2008, zu Beginn der schwarz-grünen Koalition unter Bürgermeister Ole von Beust (CDU) Grünen-Landesvorsitzende.
Das Amt hat sie bis heute inne, sechseinhalb Jahre und damit länger als je ein Vorgänger. So ist ihr Gesicht, das nun stark bildbearbeitet von hunderten Plakaten prangt, bekannt geworden in der Hamburger Politik. Als vor Kurzem ein Journalist schrieb, sie sei profilarm, hat sie das getroffen.
Wahlkampf nicht nur auf der Straße: Was die Reichweite beim Online-Nachrichtendienst Twitter angeht, muss sich Katharina Fegebank (@fegebanks) unter den KandidatInnen für die Bürgerschaftswahl am 15. Februar nur einem geschlagen geben.
2.754 Follower hatte Fegebank zuletzt (Stand: 8. Februar, 13.30 Uhr). Der Sozialdemokrat Hansjörg Schmidt (@hschmidt) bringt es auf 2.822.
„Ich hatte nie gedacht, dass ich so lange in Hamburg bleibe“, sagt Fegebank, die sich selbst immer eher auf internationalem Parkett verortete. Im Elternhaus im schleswig-holsteinischen Bargteheide gehörte Politik zu den bevorzugten Abendbrotthemen, beide Eltern waren Lehrer.
Nach dem Abitur auf dem Kreisgymnasium zog es Fegebank für ein Jahr nach London, wo sie unter anderem Schwimmen an einem Mädcheninternat lehrte. Dann zur Uni nach Freiburg und – im Rahmen ihres Politik- Europa- und Völkerrechtsstudiums – immer wieder ins Ausland.
Es folgten Praktika an der Deutschen Botschaft in Ankara sowie bei der UNO in New York, wie auch, direkt nach Studienende, längere Aufenthalte in Bosnien-Herzegowina und der Slowakei. „Ich wollte immer im Bereich Friedens- und Konfliktmanagement arbeiten“, sagt Fegebank, was sie heute als Grünen-Vorsitzende ja auch irgendwie tut.
Neben ihrer Parteikarriere, die in Hamburg in der Landesarbeitsgemeinschaft Frieden und Internationales begann, arbeitete die sozial- und europapolitische Sprecherin der Grünen-Bürgerschaftsfraktion von 2007 bis Ende vergangenen Jahres 2014 als wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Präsidium der Lüneburger Leuphana Universität.
Als sie der Ruf ereilte, in Hamburg Grünen-Chefin zu werden, war Fegebank eigentlich schon wieder auf dem Absprung ins Ausland. „Ich habe hin und her überlegt“, sagt sie. „Doch ich wollte zeigen, dass ich führen, Ideen entwickeln und den Laden zusammenhalten kann.“
Dass sie das auch beim schwarz-grünen Koalitionscrash 2010 und danach geschafft hat, als sich die Partei in einer tiefen Glaubwürdigkeitskrise über Monate die Wunden leckte, hat viele Parteimitglieder von Fegebank überzeugt. 2011 zog sie in die Bürgerschaft ein, Ende 2014 beerbte sie die inzwischen in den Bundestag zurückgekehrte Anja Hajduk als Spitzenkandidatin.
Wartet nach der anstehenden Wahl ein Senatsposten auf sie? „Katha“ winkt ab und antwortet, was Politiker auf so eine Frage antworten: „Über so etwas mache ich mir vor der Wahl keine Gedanken.“ Zunächst müssten die Grünen „die absolute Mehrheit der SPD knacken“, fügt sie hinzu und lässt sich von einer nun dazugetretenen Journalistin nicht dazu bringen, eine rot-grüne Koalition zum Wahlziel zu erklären.
„Das muss schon passen“, sagt Fegebank – wohl wissend, das viele Grüne befürchten, sie könnten sich gar zu billig verkaufen, wenn vor der Verhandlungstür schon die FDP mit den Hufen scharrt.
Wechselstimmung kann Fegebank nicht so recht ausmachen: „Scholz ist schon eine Herausforderung“, sagt sie über den amtierenden Bürgermeister – „man muss anerkennen, dass viele Hamburger mit seiner Regierung zufrieden sind.“ Ihr dagegen sei die SPD zu „selbstgenügsam“, da gehe mehr und sie selbst sei nun mal „ein ungeduldiger Mensch“.
Die wichtigsten Themen in der Stadt? „Wir haben einen Wohnungsbau, der an den Bedürfnissen der Menschen vorbeigeht“, sagt Fegebank, „denn wir haben keinen Wohnraum für Obdachlose, Flüchtlinge und Menschen mit kleinem Portemonnaie.“ Hamburg müsse „Klimahauptstadt“ der Republik werden und „Verkehrspolitik durch die Windschutzscheibe“ gehöre ersetzt durch eine, die den Radfahranteil auf 25 Prozent verdoppele.
Kaum hat sie diese Worte gesprochen, steigt Katharina Fegebank in einen Pkw, der sie zum nächsten Wahlkampftermin bringen soll. Die Flut der Temine lasse nichts anderes zu, sagt sie schulterzuckend. Als Senatorin wird ihr Kalender kaum leerer sein.
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