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Kommentar Rückkehr der FDPDie charmante Macht des Geldes

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Die Wahl in Hamburg war die letzte Chance, die FDP als Megafon der Unternehmer zu retten. Ob sich der Coup wiederholen lässt, ist fraglich.

Wahlkampfplakat in Hamburg. Bild: reuters

S o viel ist sicher: Die FDP hat viel Geld im Hamburger Wahlkampf ausgegeben. An jeder Ecke prangten Plakate, auf denen Spitzenkandidatin Katja Suding charmant lächelte oder ernst-verantwortlich blickte.

Die Höhe der Mittel ist unklar, aber ihre Herkunft kein Geheimnis: In Hamburg und auch bundesweit haben Unternehmer gespendet, weil sie verhindern wollten, dass die FDP für immer verschwindet. Sie wissen, wie praktisch es ist, ein parlamentarisches Megafon zu haben, das ständig „Steuersenkungen“ trötet.

Hamburg war die letzte Chance, die FDP zu retten. In diesem Jahr findet nur noch eine Wahl statt und in Bremen sind die Liberalen nicht verankert. Die Macht des Geldes war erstaunlich: Anfang Januar lagen die Liberalen bei 2 Prozent, sechs Wochen später zogen sie mit 7,4 Prozent in die Bürgerschaft ein.

Es war natürlich nicht das Geld allein, das die Liberalen wieder ins Parlament gehievt hat. Die Kampagne der gelernten PR-Frau Suding war ebenfalls geschickt, die sich als „Unser Mann für Hamburg“ plakatieren ließ. Umgekehrt gilt aber auch: Gute Plakate nutzen wenig, wenn man nicht das Geld hat, um sie aufzuhängen. Hamburg zeigt, wie sich Unternehmer Einfluss kaufen können.

Die Frage ist: Lässt sich dieser Coup wiederholen? Nächstes Jahr finden Wahlen unter anderem in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz statt. Beide sind „Stammländer“ der Liberalen – und trotzdem dürfte es dort schwieriger werden als in Hamburg. Denn in der Hansestadt war die CDU so schwach, dass es dem Bürgertum nichts ausmachte, die Union weiter zu schwächen und zur FDP überzulaufen. Zudem wäre eine Plakataktion wie in Hamburg schlicht zu teuer, wenn man sie auf Flächenstaaten ausweiten wollte. Geld hat Macht, aber nicht unbegrenzt.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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7 Kommentare

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  • Unternehmer - pfuj!

  • Beeindruckender Versuch von Frau Herrmann sich die unmögliche Tatsache zu erklären. Gut: ist auch nur ein Kommentar. Da ist Katharsis erlaubt.

     

    Die FDP hat fast immer weniger Geld für Werbekampagnen ausgegeben als die anderen Kleinparteien. Insbesondere die Grünen setzen schon sehr viel länger auf geleckte (und technisch hervorragende) Werbekampagnen. Da fragt auch keiner wo das Geld dafür herkommt. Die FDP Hamburg hat hier schlicht und einfach mal gleichgezogen. Das die Partei generell im Geld schwimmen würde, ist dem Reich der Legenden zuzuordnen.

     

    Es zeugt übrigens von schlichter Unkenntnis von Wahlkämpfen dass es nur Geld sein kann, dass das Plakat an den Mast bringt: bei den Kleinparteien ist da in der Regel viel freiwillige Arbeit der lokalen Mitglieder im Spiel und auch so konnte Flächenstaaten in der Vergangenheit plakatiert werden.

  • Geld hin, Geld her, Geld war immer bei der FDP. Das ist schon auch einfach ne Schicke die Suding, eine attraktive Verpackung für elendige politische Inhalte, die sich in Szene zu setzen wußte. Natürlich ist das für einige bitter zusehen, how sex sells. Aber so ist das nunmal, je oberflächlicher die politischen Inhalte "der goldenen Mitte" werden, desto wichtiger die präsentierte Verpackung.

    Consuela Schleswig for president!

  • 6G
    628 (Profil gelöscht)

    Der Erfolg der FDP bei dieser Wahl ist auch ein Ausdruck der immer oberflächlicher werdenden Gesellschaft und politischen Landschaft. Ich behaupte einfach mal, dass jeder normal denkende Mensch bei einer Aktion wie dieser '3 Engel für Lindner'-Sache eine Mischung aus Übelkeit und Kopfschmerzen bekommt, angesichts der unbeschreiblichen Idiotie des Ganzen. Aber bei einem nicht unwesentlichen Teil der Wähler scheint so etwas zu ziehen.

    Wie dem auch sei: Für die FDP wird es schwer. Offensichtlichen Marktradikalismus und Sozialstaatsfeindlichkeit muss man mit ätzendem gesellschaftlichen Konservatismus oder Ausländerfeindlichkeit verbinden, um damit Erfolg zu haben. Kurz: Man braucht ein klar definiertes Feindbild (den Islam, den linksgrünen Gutmenschen, Homosexuelle' etc.). Das bietet die FDP nicht an.

    Daher rechne ich eher mit einem Strohfeuer.

  • Frau Suding plant ausschließlich für Berlin und nicht für Hamburg. Ihr Wahlergebnis täuscht eine Basis vor, die real gar nicht existiert. Selbst die Spaßpartei mit ihrem Spitzenkandidaten Prof. Dr. Dr. Eimer konnte schon ohne langes Bein und wehendem Haarschopf in St. Pauli über 4% einfahren.