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„Tatort“ aus BerlinPseudo-Sightseeing mit dem RBB

Durch die Nächte tanzen, an den Tagen gegen das organisierte Verbrechen ermitteln: Der Berliner Tatort glänzt durch die Besetzung.

Wir Kommissare vom Bahnhof Zoo: Meret Becker und Mark Waschke. Bild: dpa

Soso, die neue Berliner Kommissarin tanzt in versifften Clubs die Nächte durch, mit goldglitzerndem Lidschatten und fett getuschten Wimpern. Am nächsten Morgen kommt sie dann mit frischen Brötchen in die Altbauwohnung gehetzt, bevor die Kinder in die Schule müssen und der Chirurgengatte in die Klinik

Danke, dass Nina Rubin (unschlagbar: Meret Becker) eine nicht untypische Berlinerin spielen darf – auch wenn der Rest der Republik sie wohl für heillos überzeichnet halten wird. Nachdem das Duo Ritter und Stark abdanken musste, ist „Das Muli“ nun der erste neue Hauptstadt-Tatort, daher erst mal: Lob für die Besetzung.

Becker und Mark Waschke als ihr frisch vom Drogendezernat gewechselter Partner Robert Karow, ein einsilbiges Macho-Arschloch, schaut man verdammt gerne beim Spielen zu. Ihr erster Fall rund um Drogenschmuggel-in-Teeniemädchenbäuchen mischt Obdachlose, organisierte Kriminalität im Migrationsmilieu und Familiendrama zusammen, inklusive brutalem Küchenmessergemetzel und Scharfschützen-Geballere.

Dass „Das Muli“ dennoch dicht geriet, obwohl nebenbei auch die neuen Figuren eingeführt werden müssen, liegt daran, dass der RBB für die Auftaktfolge nichts dem Zufall überließ: Als Drehbuchautor wurde Stefan Kolditz eingekauft, dessen Mehrteiler „Unsere Mütter, unsere Väter“ im Herbst einen Emmy gewonnen hat, die Regie übernahm Stephan Wagner, der die hammerharte Berliner Tatort-Folge „Gegen den Kopf“ mit den Vorgängern Ritter und Stark inszeniert hatte.

Der Tatort

Berlin-„Tatort“: „Das Muli“; Sonntag, 20.15 Uhr, ARD.

Leider wurden die Schauplätze verballert: Urban-Krankenhaus in Kreuzberg, toter Vergnügungspark im Plänterwald, Flughafen BER (von dem verblüffenderweise Flieger starten), Klo in irgendeinem Club, privat vermietete Ferienwohnung, Bahnhof Zoo. Das Pseudo-Sightseeing hat Nerv-Potenzial. Sind in der nächsten Folge Clärchens Ballhaus und Görlitzer Park dran?

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1 Kommentar

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  • Nun wird mir klar, warum der Tatort-Plot so flach war. Er entstammt der Feder des Autors der ZDF-Weltkriegs-Schmonzette "Unsere Mütter - unsere Väter". Der relaunchte Tatort des RBB bot auf 90 Minuten eine Geschichte, die man in 25 Minuten hätte erzählen können. Die flache Geschichte wurde durch optischen Manierismus aufgebläht, Schnitte im Sekundentakt sollten Dynamik und Spannung simulieren. Und Frau Becker nehme ich die Polizistin nicht ab, sie gibt immer noch gerne das abgedrehte enfant terrible von einst - aber der Lack ist ab. Und ihr männlicher Partner? Einfach farblos - eignet sich vielleich zum Hospitanten-Schreck - mehr auch nicht. Aber damit keiner Meckert, dass ich nur Mecker: Die beiden Darsteller des Bruders und der Schwester, die als 'Muli' Drogen schmuggelte waren gut. Und die Idee, die BER-Geisterlandschaft als Filmkulisse zu nutzen: Gute Idee. Der Berliner Senat sollte als Konsequenz das Gelände an Studio Babelsberg übergeben!