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Neue Anlaufstelle für Jugendliche und JungerwachseneSanfter Druck fürs Arbeitsleben

Im Mai geht in Bremen die Jugendberufsagentur an den Start. Sie soll unter 25-Jährigen in Ausbildung und Job helfen.

Die Linkspartei tut ihre Meinung zur Jugendberufsagentur in Wort und Misthaufen kund. Bild: Simone Schnase

BREMEN taz | Die neue Jugendberufsagentur (JBA) ist seit gestern offiziell. Für eine entsprechende Verwaltungsvereinbarung kam am Dienstag fast die komplette Polit-Prominenz Bremens ins Rathaus: VertreterInnen des Bildungs-, Sozial- und Wirtschaftsressorts unterschrieben, ebenso des Bremerhavener Magistrats, des Arbeitsamtes und des Jobcenters sowie der Handels-, Handwerks- und Arbeitnehmerkammer.

Die JBA soll eine Anlaufstelle für Jugendliche unter 25 Jahren sein und ihnen zu Ausbildungsplätzen verhelfen – ab Ende April in Bremerhaven, ab Anfang Mai in der Arbeitsagentur Bremen und spätestens ab 2016 zusätzlich in Bremen-Nord. Die Jugendlichen müssten ermuntert werden, sagte die grüne Sozialsenatorin Anja Stahmann, „auch wenn sie nicht sofort nach dem Verlassen der Schule eine Ausbildung anfangen können oder wollen – selbst dann, wenn sie von sich aus nicht auf die Idee kommen, sich Unterstützung im Hilfesystem zu besorgen“.

Das macht den Anschein mindestens „sanften Drucks“ und ist für PolitikerInnen der Linkspartei auch deswegen „Mist“: Einen Haufen desselben schütteten sie als Protest vorm Rathaus auf. „Jugendberufsagenturen sind nicht zu trennen von den Sanktionsmechanismen der Hartz-Gesetze“, sagte Landessprecherin Doris Achelwilm. Hier werde wie beim Jobcenter mit Druck gearbeitet. Daneben habe sie auch datenschutzrechtliche Bedenken, weil Daten zwischen Schulen und den Jugendberufsagenturen ausgetauscht werden sollten.

In der Tat sollen so viele Jugendliche wie möglich bei der JBA registriert werden, um sie nach ihrer Schulpflicht nicht aus den Augen zu verlieren. „Dafür benötigen wir das Einverständnis des Jugendlichen“, sagt Christina Selzer, Sprecherin der Bildungsbehörde. Die Übermittlung von Daten aus dem SchülerInnenverzeichnis an andere Dienststellen sei zwar durch das Schuldatenschutzgesetz begrenzt. Aber: „Ob gegebenenfalls das Schul- oder das Schuldatenschutzgesetz geändert werden muss, wird geprüft“, so Selzer. In der Verwaltungsvereinbarung zur JBA heißt es dazu: „Die Senatorin für Bildung und Wissenschaft strebt eine Ermächtigung an, Daten von Schülerinnen und Schülern und ehemaligen Schülerinnen und Schülern bis zur Vollendung ihres 25. Lebensjahres zu Zwecken der Förderung der beruflichen Ausbildung zu verarbeiten.“

Die Förderung geschehe auf freiwilliger Basis, so Selzer. „Die Vernetzung der Institutionen und Ressorts soll dafür sorgen, dass die Jugendlichen effektiver Hilfe bekommen und das Übergangssystem als sinnlose Warteschleife abgebaut wird.“ Mehr als Angebote würden den Jugendlichen aber nicht unterbreitet. Das kann allerdings auch sehr offensiv geschehen – in der Vereinbarung heißt es dazu : „Junge Männer und Frauen (...), die auf schriftliche und telefonische Beratungsangebote nicht reagieren, werden durch Personen, die von Vertragspartnern der JBA beauftragt wurden, persönlich aufgesucht, um sie für die Unterstützungsmöglichkeiten der Jugendberufsagentur zu gewinnen.“ Laut Selzer sind aber auch diese „Hausbesuche“ freiwillig.

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