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Einzelkandidaten im WahlkampfMein Haus, mein Auto, mein Mandat

Deutlich mehr Einzel-KandidatInnen als 2011 kämpfen um einen Platz in der Bürgerschaft – teils mit tausenden Euros. „Lobby Control“ fordert mehr Transparenz.

Der Fokus ist klar: Ein Mandat soll es sein. Das kostet eben Bild: dpa

BREMEN taz | Individuelle Wahlkampfsongs, ganzseitige Zeitungsanzeigen, Wahlplakate zum selbst Beschriften, Hausbesuche, Freibierpartys – wesentlich mehr als vor vier Jahren lebt der Kampf um die WählerInnen für die Bürgerschaftswahl in Bremen am Sonntag von der Konkurrenz einzelner KandidatInnen. Schnell können es mehrere tausend Euro werden, die in die Eigenvermarktung investiert werden.

Dabei ist – anders als in Frankreich – der Etat für den Wahlkampf in Deutschland grundsätzlich nicht gesetzlich begrenzt. Auch müssen einzelne KandidatInnen die Herkunft ihrer Aufwendungen später nicht wie Parteien in eigenen Rechenschaftsberichten offenlegen. Wer viel geerbt hat, kann in Werbung buttern und erhöht damit die Chance auf ein Bürgerschaftsmandat. Ein Schritt in Richtung Plutokratie?

Timo Lange von der Nichtregierungsorganisation „Lobby Control“ hält mehr Transparenz bei den EinzelkandidatInnen für geboten. „Es wäre sinnvoll, wenn die Öffentlichkeit schneller und mehr darüber informiert werden würden, woher deren Geld kommt“, so Lange. Für Bundestagsabgeordnete fordert seine NGO eine Pflicht zur Veröffentlichung von Spenden ab 2.000 Euro – und nicht erst ab 10.000 Euro. „In einem kleinen Land wie Bremen können geringe Beträge einen entsprechend größeren Einfluss haben“, so Lange.

Welche Auswirkungen das neu eingeführte Personenwahlrecht haben kann, wurde 2011 nicht nur vielen WählerInnen erst nach der Stimmauszählung richtig klar: Der Grüne Jan Saffe etwa rückte mit gerade mal 1.065 Einzelstimmen nach und war darüber selbst ganz überrascht.

Geld für den Wahlkampf

Während einzelne KandidatInnen im Run auf die Bürgerschaft aus ihrem privaten Vermögen schöpfen, setzen sich die Parteien für den Wahlkampf verschieden hohe Grenzen. Ein Überblick, nach Angaben der Parteien selbst:

Die CDU gibt 350.000 Euro für ihren Wahlkampf aus, davon allein 100.000 Euro für große Plakate. Auch Großveranstaltungen mit Angela Merkel gehen ins Geld.

Die Linkspartei hat 223.000 Euro zur Verfügung, wobei ein Viertel dessen für Plakate draufgeht. Der Rest fließt in Wahlzeitungen, Veranstaltungen, Visitenkarten der KandidatInnen; 15 Prozent des Etats werden für Handzettel, zehn Prozent für eine Personalaufstockung ausgegeben.

http://taz.de/Buergerschaftswahl-in-Bremen/!158976/ haben einen Etat von 220.000 Euro, sie stecken das meiste Geld in die Agenturbetreuung und die Wahlkampfstrategie.

Die FDP gibt 150.000 Euro aus, vor allem für zwei große Posten: Plakatierung und "Direktmarketing", also "Zielgruppenbriefe".

Die Piraten haben 40.000 Euro, die vor allem in Aktionen fließen.

Die "Bürger in Wut" geben 30.000 Euro aus, zu gleichen Teilen in Bremen und Bremerhaven.

Die NPD gibt für ihren Wahlkampf in Bremerhaven 8.000 Euro aus. Am meisten gekostet haben insgesamt 30.000 Postwurfsendungen. Außerdem lässt sie rund 700 Plakate drucken.

Die Tierschutzpartei gibt 5.000 Euro aus - für Plakate, Flyer und Infostände.

Die Partei "Die Partei" zehrt von 3.800 Euro, 2.000 Euro davon kommen vom Bundesverband.

SPD und AfD wollen ihren Wahlkampf-Etat nicht verraten. "Über Geld spricht man nicht", sagt die AfD, man könne "alles später im Rechenschaftsbericht der Partei nachlesen", so die SPD. JPB

Zwar haben sich auch zur aktuellen Wahl alle Parteien auf einen fairen Umgang unter den eigenen KandidatInnen geeinigt, doch mehr denn je scheren KandidatInnen aus den Reihen. Alle haben ihre Schöngeister.

Gern gesehen ist das in keiner Partei. Besonders kritisch sieht man das in der Linkspartei. „Wir wollen ausdrücklich nicht, dass private Mittel für den Wahlkampf eingesetzt werden“, so Landessprecherin Doris Achelwilm. „Alles andere wäre eine Ungleichbehandlung zwischen denen, die es sich leisten könnten und denen, die wenig Geld haben.“ Das personalisierte Wahlkampf-Material würde komplett von der Partei gestellt. Die Debatte über die hohe Wahlkampf-Etats mancher KandidatInnen müsse geführt werden.

Für Heiko Strohmann, Landesgeschäftsführer der CDU, überwiegen die positiven Effekte. „Früher fehlte bei vielen das persönliche Engagement. Jetzt ist ein Bewusstsein entstanden, dass man vielleicht nur 300 Leute braucht, die einen wählen“, so Strohmann.

Für den Wahlkampf hätten die Christdemokraten einen Ehrenkodex aufgestellt, niemand soll mit persönlichen Plakaten und alle nur in ihrem persönlichen Umfeld werben. Eine Absprache zur Höhe der persönlichen Etats gebe es nicht. Den Einfluss, den Privatvermögen auf den Wahlkampf haben können, sieht auch Strohmann kritisch, hält dies aber bislang eher für ein „virtuelles Problem“. Allerdings verweist er auf Bremerhaven, wo etwa die DVU, von Millionär Gerhard Frey gesponsert, einst den Einzug in die Bürgerschaft schaffte.

Dass allerdings nicht nur die Menge an Wahlwerbung über den Einzug in den Bürgerschaft entscheidet, ergab eine Studie vom Juli 2012 am Institut für Politikwissenschaft der Uni Bremen. Jan-Hendrik Kamlage wertete darin die Wahlkampfstrategien der EinzelkandidatInnen aus und schreibt: „Der erfolgreiche Personenwahlkampf der befragten Kandidaten beruhte in den meisten Fällen auf direkter Kommunikation mit den Wählern.“

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2 Kommentare

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  • Mir scheint fast so, als werde hier ein Popanz aufgebaut, um eine nicht genehme Kandidatin mal so richtig schlecht dastehen zu lassen. Denn leider erfahren wir auch in diesem zweiten Artikel nichts darüber, gegen welche konkrete Abmachung, die

    welches Parteigremium der Grünen beschlossen hat, Frau Schön denn verstoßen haben soll. Die Linke kann ein schlüssiges Konzept vorlegen, die den beklagten Missstand verhindert hilft, selbst die CDU weiß etwas dazu zu sagen. Von den Grünen: nichts.

    So betreiben die Autoren eher Stimmungsmache, statt die freie Meinungsbildung zu befördern, was sich die taz.bremen aber mit dem Spruch "save the wahl" groß auf die

    Fahne geschrieben hat. Und warum nur müssen manche Journalisten dem gemeinen Reflex nachgeben mit Personennamen herabsetzende Wortspiele zu versuchen. Das ist einfach nur voll daneben und mir ist es ein Rätsel, wie die taz das mit ihrem

    journalistischen Anspruch vereinbaren kann. Man könnte stattdessen mal mit nachvollziehbaren Argumenten Kritik üben. Ach, wenn man's doch nur könnte. Dass das Personenwahlrecht die Parteien an einer empfindlichen Stelle entmachtet hat und den Wählern mehr Einfluss auf die Sitzverteilung gewährt, genau das ist vom Gesetzgeber gewollt und wird von den Wählen genutzt. Und für allgemeine gesetzliche Regeln bzgl.

    Transparenz und Grenzen der persönlichen Eigenwerbung könnten sich die unzufriedenen Parteien, NGOs und überhaupt alle auf faire Weise engagieren. Stattdessen wieder

    billige Stimmungsmache, öffentliche Abstrafung von vermeintlichen Abweichlern usw. usf.

  • Investieren ... Profitieren.

    Wer hat's gesagt ?

    Der unbekannte Lobbyist ...