piwik no script img

Merkels unbelastete US-ReiseKOMMENTAR VON BETTINA GAUS

Was haben deutsche Geheimdienstler während des Kriegs im Irak genau getan, und wer hatte davon Kenntnis? Mittlerweile steht so gut wie fest, dass diese Fragen in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss behandelt werden sollen. Das wird den Blick der Öffentlichkeit für die Aktivitäten des Bundesnachrichtendienstes schärfen und ist deshalb sogar dann erfreulich, wenn – wie zu befürchten steht – die Angelegenheit nicht einmal von diesem Gremium umfassend aufgeklärt werden kann.

Die Affäre hat viele Aspekte, die es verdienen, beleuchtet zu werden. Um ein Thema geht es in diesem Zusammenhang allerdings gar nicht: nämlich um die transatlantischen Beziehungen. Es ist ein Irrtum zu glauben, die Affäre bedeute eine neuerliche Belastung für das Verhältnis zwischen Berlin und Washington und stelle somit auch eine Hypothek für die neue Bundeskanzlerin dar. Warum sollte das so sein? Die US-Regierung wird es keiner deutschen Koalition – egal welcher Couleur – verübeln, wenn sie in stärkerem Maße unterstützt wurde, als dies öffentlich eingeräumt worden ist.

Aber selbst wenn das anders wäre, würde es das Verhältnis zwischen Angela Merkel und George W. Bush nicht belasten: Der ehemaligen Oppositionsführerin kann die Affäre wahrlich nicht angelastet werden. Sollte ihr Außenminister darüber stolpern oder gar stürzen, so müsste sie nicht mehr tun, als dem sozialdemokratischen Koalitionspartner mit dem Ausdruck tiefsten Bedauerns zu empfehlen, sich nach einem neuen Kandidaten für das Amt umzuschauen. So läuft das in der Innenpolitik. Mit Außenpolitik hat es nichts zu tun.

Die außenpolitischen Koordinaten waren schon vor Beginn der Visite von Angela Merkel in Washington markiert worden: Beide Seiten haben derzeit ein großes Interesse an einem freundlichen Gesprächsklima. Nicht nur, aber auch, weil bestimmte Themen – Stichwort: Atomprogramm des Iran – keinen Aufschub dulden und weil alle Beteiligten darin übereinstimmen, dass ein gemeinsamer Kurs wünschenswert wäre. Vor einem solchen Hintergrund werden freundliche Fernsehaufnahmen produziert. Und nichts sagende Statements.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen