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Die letzte Instanz

Glos könnte Springers Fusionspläne doch noch durchdrücken – wenn er dies mit dem Allgemeinwohl begründete

Unsere Partei hat große Vorbehalte gegen eine Übernahme

VON STEFFEN GRIMBERG

Wenn es allein nach dem Bundeswirtschaftsminister und seiner Partei ginge, wäre die Sache längst erledigt. Michael Glos und der Rest der Münchner CSU-Spitze haben nie Zweifel aufkommen lassen, dass sie eine Fusion der ProSiebenSat.1-Sendergruppe mit der Axel Springer AG befürworten.

Glos hat auch jetzt noch die Chance, den am Montagabend endgültig vom Kartellamt untersagten Zusammenschluss durch eine so genannte Ministererlaubnis durchzudrücken. Doch die muss Springer erst einmal beantragen.

Und dann ist da dummerweise auch noch der Koalitionspartner SPD. Die Sozialdemokraten begrüßten gestern in Gestalt ihrer medienpolitischen Sprecher Monika Griefahn und Jörg Tauss das Fusionsverbot der Wettbewerbshüter. Sie forderten Glos auf, „sich nicht einfach über die Entscheidung der eigens für die Konzentrationskontrolle eingerichteten Aufsichtsbehörden hinwegzusetzen“.

Selbst wenn Springer wie zuletzt im Tauziehen mit dem Kartellamt Zugeständnisse mache und wieder einen Verkauf von Pro 7 anbiete, „würde ich das nicht für ausreichend halten“, sagte Tauss der taz. Griefahn kündigte an, bei einem Antrag auf Ministererlaubnis den Koalitionsausschuss anzurufen. „Ich gehe davon aus, dass der Minister in so einer wichtigen Sache nicht allein befindet. Schließlich geht es hier sowohl um ein potenzielles Werbe- als auch um ein Meinungsmonopol“, so Griefahn zur taz.

Das Kartellamt hatte den Zusammenschluss von Springer mit der ProSiebenSat.1-Gruppe (Pro 7, Sat.1, Kabel 1, N 24, Neun live) untersagt, weil dieser im TV-Werbemarkt, bei bundesweiten Zeitungsanzeigen und im Lesermarkt für Boulevardzeitungen wie Bild zu einer „nicht genehmigungsfähigen Marktmacht“ führen würde (s. Kasten). Um die Genehmigung doch noch zu erlangen, hatte Springer angeboten, Pro 7 nach Übernahme der TV-Familie weiterzukaufen, diese Offerte aber nach vier Tagen zurückgezogen.

Springer kann nun gegen das Kartellamtsverbot vor Gericht ziehen – oder bei Glos eine Sondererlaubnis beantragen. Dazu muss aber nachgewiesen werden, dass der geplante „Medienkonzern von europäischem Format“ – so Konzernchef Mathias Döpfner über die neue große Axel Springer AG – für die deutsche Wirtschaft enorme Vorteile bringt oder einem „überragenden Interesse der Allgemeinheit“ genügt.

Dass dem so sei, wiederholt erwartungsgemäß zumindest die CSU-Führung bei jeder passenden Gelegenheit: „Die Übernahme durch Springer ist das Beste für die Zukunft“, sagte Glos’ Parteifreund und bayerischer Ressortkollege Erwin Huber im Focus. Auch Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) hatte sich schon vor der Kartellamtsentscheidung festgelegt: „Ein integrierter starker deutscher Medienkonzern mit Print- und elektronischen Medien ist für den Medienstandort Deutschland ein großer Vorteil“, sagte Stoiber, ja für „die Arbeitsplätze in der gesamten deutschen Medienwirtschaft entscheidend“. Bei so vielen kernigen Worten gerät schon mal in Vergessenheit, dass Stoiber vor knapp drei Jahren den heutigen Sender-Verkäufer Haim Saban mit ähnlich warmen Worten als Standortgaranten in München willkommen geheißen hatte. Bei der Schwesterpartei CDU herrscht dagegen weiterhin beredtes Schweigen. Zwar hatte sich Hessens Ministerpräsident Roland Koch vor einiger Zeit kurz mit einem Statement zugunsten Springers in die Debatte eingeschaltet. Doch Wolfgang Börnsen, medienpolitischer Sprecher der CDU und Vorsitzender der Arbeitsgruppe für Kultur und Medien der Unionsfraktion, will vor einem Springer-Antrag zum Thema Ministererlaubnis gar nichts sagen. Man halte sich hier ganz bewusst bedeckt, hieß es gestern aus Börnsens Büro. Das ist zum einen strategische Arbeitsteilung in der Union. Zum anderen gibt es beim wirtschaftsliberalen Flügel der Christdemokraten einiges Unbehagen über den von München vorgegebenen national-bajuwarischen Kurs.

Bei der CSU streckt man daher die Fühler Richtung SPD aus: Falls Springer um eine Ministererlaubnis bitte, sei das „eine Entscheidung, die formal gesehen vom Minister alleine getroffen werden muss“, sagte gestern der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Peter Ramsauer (CSU). Politisch werde diese Frage aber „nicht beantwortet werden, ohne dass man in der Koalition darüber spricht“. Dies hatte der SPD-Wirtschaftsexperte Rainer Wend via Handelsblatt gefordert und erklärt, trotz vieler Bedenken müsse geprüft werden, „ob es übergeordnete Aspekte gibt, die für eine Fusion sprechen“. Ähnlich vorsichtig pro Ministererlaubnis hatte sich zuvor schon der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Fritz Rudolf Körper geäußert.

Dem widersprach gestern SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler: In der SPD gebe es „eindeutig kein positives Vorurteil für das Projekt Ministererlaubnis“, sagte Stiegler der taz. Auch SPD-Fraktionschef Peter Struck betonte, dass in der Partei „große Vorbehalte“ gegen die Übernahme herrschten. Stiegler würde Springer daher „ohnehin nicht zum Antrag auf Ministererlaubnis raten“.

Ende 2005 ließ sich etwas Ähnliches sogar von Michael Glos vernehmen: Der Bundeswirtschaftsminister hoffe, dass sich die Frage einer Ministererlaubnis nicht stelle, sondern der Fall unterhalb der Ministerebene geklärt werden könne, lies Glos’ Büro damals verbreiten.

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