: Zwischen Gottesdienst und Tatort
Während der Fußball-WM sollen die Geschäfte rund um die Uhr geöffnet bleiben. Testlauf für generelle Ladenschluss-Aufweichung ab 2007. Sonntagsöffnung umstritten
Shoppen und Feiern rund um die Uhr. Der Senat hat gestern die Verlängerung der Ladenöffnungszeiten während der Fußball-WM beschlossen. Danach können alle Einzelhändler zwischen dem 9. Juni und 9. Juli werktags ihre Geschäfte rund um die Uhr geöffnet halten. Lediglich an den fünf Sonntagen sind die Öffnungszeiten eingeschränkt. Hier dürfen die Läden ihre Pforten zwischen 14 und 20 Uhr öffnen.
Damit, so Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU), habe man „auf die Gottesdienstzeiten Rücksicht genommen“. Und auf die „Tatort“-Termine, könnte man hinzufügen. Mit der leicht eingeschränkten Sonntags-Öffnung sei der Senat auch „den Bedenken der Gewerkschaften entgegengekommen“, gibt sich Uldall arbeitnehmerfreundlich.
Indes geht die Hansestadt gerade bei den Sonntags-Öffnungszeiten weit über die Regelungen anderer WM-Austragungsorte hinaus. So beschloss Berlin zwar vergleichbare Ladenschlusszeiten, doch können hier Geschäfte am Sonntag nur geöffnet werden, wenn die Beschäftigten sich freiwillig dazu bereit erklären. In Hamburg hingegen können die Einzelhändler ihre Mitarbeiter an drei der fünf Sonntage zur Arbeit zwingen.
Während in Nürnberg und München zudem die Sonntagsregelung nur für die Wochenenden gilt, an denen vor Ort auch Fußballspiele stattfinden, gilt die Hamburger Regelung für das ganze Tunier. Dabei hat die Stadt während der letzten beiden WM-Wochenenden ihre Tunierbeteiligung bereits hinter sich. In Hannover gibt es während der WM überhaupt nur einen verkaufsoffenen Sonntag.
Uldall macht zudem keinen Hehl daraus, dass ab Anfang 2007 die Ladenschlusszeiten in Hamburg generell ausgeweitet werden sollen und ein entsprechendes Gesetz geplant werde. Passend dazu beschloss der Senat nun, eine Entscheidung des Bezirks Mitte zu kassieren: Dort hatte die rot-grüne Mehrheit beschlossen, sich nicht an der hamburgweiten Sonntagsöffnung am 2. April zu beteiligen.
Für Ulrich Meinecke von der Gewerkschaft Ver.di zeugt die Maßnahme des Senates von „einem merkwürdigen Demokratieverständnis“. Die Ausdehnung der WM-Öffnungszeiten und die Zwangsverpflichtung zur Sonntagsarbeit nannte er „maßlos und ideologisch begründet“.MARCO CARINI
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