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Zusammenlegung gescheitert?

Auf Veranstaltung zur „Rütli-Schule“ fordern Lehrer die Abschaffung der Hauptschule: „Der Islam ist nicht das Problem“

Die Aussortierung vermeintlich leistungsschwacher Schüler durch das dreigliedrige Schulwesen ist die Hauptursache für Gewalttaten wie jene an der Berliner Rütli-Schule. Dies sagte Harry Eisenach, Sprecher der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) am Montagabend auf einer Veranstaltung des AStAs der Bremer Uni.

Das Bewusstsein, bereits in jungen Jahren für eine Sozialhilfekarriere aussortiert worden zu sein, frustriere SchülerInnen und behindere jede Lernmotivation: „Wir können ihnen nicht vorgaukeln, dass sie schon eine Lehrstelle finden werden, wenn sie sich nur anstrengen.“

Die vor einigen Jahren in Bremen eingeführte Zusammenlegung von Haupt- und Realschule bezeichnete Eisenach als gescheitert. Erhebungen zeigten, dass die ehemaligen RealschülerInnen die neue Schulform mieden und auf Gymnasien und Gesamtschulen auswichen. HauptschülerInnen blieben weiterhin unter sich. Gewinner der Reform sei vor allem das Gymnasium, in dem derzeit knapp die Hälfte eines Geburtenjahrganges beschult werde. Dies stehe im Zusammenhang mit der Einführung der „freien Elternwahl“ in Bremen. Mit dieser Aufhebung der Stadtteilbindung bei der Schulwahl habe die Politik ein wichtiges Instrument zur Korrektur solcher Fehlentwicklungen aus der Hand gegeben.

Der Berliner Journalist Peter Nowak äußerte sich kritisch über den vermeintlichen Zusammenhang zwischen islamischer Herkunft und Verhaltensauffälligkeit. „Mit rassistischen Zuschreibungen wurde der Konflikt in der Rütli-Schule instrumentalisiert, um Fremdenfeindlichkeit zu schüren.“ Konservative Medien hätten mit der Berichterstattung über die Schule das „Feindbild Islam“ aufzubauen versucht. Ein Lehrer der Schule habe dies mit den Worten: „Das ist hier keine Terrorschule, sondern Medienterror“ zurückgewiesen. Auch die ehemalige Schulleiterin der Rütli-Schule, sagte Nowak, habe primär soziale Ursachen für die Gewalttätigkeiten gesehen: „Wer die Klassen- zur Rassenfrage macht, wird sich noch wundern, was man in Stadtteilen wie Neukölln erlebt“, zitierte Nowak die Rektorin.

Auch Eisenach wehrte sich gegen die Gleichsetzung von Islam und Gewalttätigkeit. „Religiöse Schüler neigen in aller Regel nicht zu auffälligem Verhalten“, sagte der GEW-Sprecher. Jugendliche, die sich aktiv mit dem Islam auseinander setzten, kritisierten häufig ihre MitschülerInnen für deren vermeintlich unmoralisches Verhalten. cja

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