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PENTAGON-HANDBUCH SOLL BEWUSST DIE GENFER KONVENTION IGNORIERENDie US-Folterarmee

Sie lernen es nicht. Nicht einmal ein Jahr ist es her, dass der US-Kongress – schon damals peinlicherweise gegen den Willen des Weißen Hauses und des Pentagons – die Bestimmungen der Anti-Folter-Konvention als verbindlich für das Verhalten von US-Personal gegenüber Gefangenen jeglicher Art weltweit festgelegt hat. Und jetzt will das Pentagon davon schon wieder nichts mehr wissen. Wenn die Informationen der Los Angeles Times stimmen, dann soll das neue Armee-Handbuch der Verhörtechniken ganz bewusst die Formulierung der Genfer Konvention außer Kraft setzen, „erniedrigende und inhumane“ Behandlung von Gefangenen sei absolut verboten. Darin sehen die Militärs eine Einschränkung ihrer Fähigkeit, dem mutmaßlichen Feind Informationen abzuringen.

Wenn schon nicht strafrechtlich, so doch wenigstens politisch schien der Kongress auf Betreiben von Senator John McCain seinerzeit die Konsequenzen aus dem Abu-Ghraib-Skandal zu ziehen, einem Skandal, von dem selbst US-Präsident George W. Bush noch vor kurzem sagte, er habe den USA im Irak geschadet wie kein anderes Ereignis. Dabei hielt Bush allerdings strikt an einer unsinnigen Theorie fest: Nicht das durch die Vorgaben von oben geschaffene Klima hätte für die Eskalation von Abu Ghraib gesorgt, sondern das verantwortungslose Verhalten einiger niederer Ränge. Einzelfälle also, bedauerlich zwar, aber eben völlig losgelöst vom Willen und Wollen der politischen Führung.

Das war schon damals Blödsinn. Mit der bekundeten Absicht, wiederum in der Art miesester Winkeladvokaten nicht nur internationale Regeln, sondern auch den Willen des eigenen Kongresses auszuhebeln, setzt sich die US-Regierung erneut ins Unrecht. Wenn die nächsten „Einzelfälle“ bekannt werden, wird die Welt die Schuldigen kennen.

Dass Soldaten Mörder sind, wusste schon Kurt Tucholsky. Dass sie darüber hinaus auch potenzielle Folterer sind, will die Regierung der USA nun in ihre eigenen Richtlinien schreiben. Wer sich da noch wundert, dass große Teile der Welt auf die Demokratie- und Freiheitsversprechen der USA allergisch reagieren, muss schon außergewöhnlich ignorant sein. BERND PICKERT

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