Brechmitteleinsatz: Von Anfang an des Unrechts bewusst
In seinem Kern lässt das Urteil des Europäischen Gerichtshof zum Brechmitteleinsatz an Deutlichkeit keine Zweifel: Wer einen Menschen quält, ihm Gewalt antut oder foltert, sein Leben durch den Einsatz gefährlicher Gerätschaften und Substanzen in akute Gefahr bringt, um ihn einer Straftat zu überführen, der handelt nicht nach Recht und Gesetz – und schon gar nicht human.
Kommentarvon Kai von Appen
Dem waren sich auch die regierenden SPD-Akteure bewusst, als sie im Hamburger Wahlkampf 2001 die Felle davonschwimmen sahen und als erstes Bundesland im Norden populistisch die Brechmittelvergabe großen Stils anordneten – aus dem Kalkül heraus, in der sicherheitspolitischen Debatte doch noch zu punkten. Rechtsmediziner, die jahrelang vor dem Eingriff warnten, ließen plötzlich ihre Bedenken fallen. Und auf Druck nahmen auch Juristen ihre Einsprüche zurück.
Das Recht wurde zurechtgebogen. Und als das erste Menschenleben an der Elbe zu beklagen war, verteidigten die Hardliner das Vorgehen immer noch als tragischen Einzelfall. Erst als in Bremen erneut ein Mensch sterben musste, setzte dort eine Wende – sicherlich nicht die Vernunft – ein. Es hat einen bösen Beigeschmack, dass offensichtliches Unrecht erst am Pranger steht, wenn europäische Richter mit den Finger drauf zeigen.
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