: Arnold macht Ernst
von NICOLA LIEBERT
Als erster US-Bundesstaat hat sich Kalifornien zum Klimaschutz verpflichtet. Im Jahr 2020 soll der Kohlendioxidausstoß im bevölkerungsreichsten Bundesstaat der USA ein Viertel niedriger sein, als nach gegenwärtigen Prognosen der Fall wäre, und damit auf das Niveau von 1990 zurückfallen. Darauf einigte sich der republikanische Gouverneur Arnold Schwarzenegger gestern mit der Mehrheit der Demokraten im Parlament von Sacramento.
Damit folgt der Staat im Prinzip dem Kioto-Protokoll zum Klimaschutz von 1997, wenn er auch leicht dahinter zurückbleibt. Das Protokoll sieht vor, dass Industrieländer im Schnitt ihre Treibhausgasemissionen bis 2012 um 5 Prozent unter den Stand von 1990 senken. Die Klimaexpertin der Umweltorganisation WWF, Regine Günther, lobt die Initiative dennoch sehr: „Kalifornien stärkt damit den Ansatz von Emissionsbegrenzung und -handel, den das Kioto-Protokoll vorsieht. Man kann dies als einen ersten Schritt sehen, die USA wieder in die internationale Gemeinschaft zurückzuführen.“ Dass die Reduktionsziele geringer seien, als in Kioto vorgesehen, hält sie für verständlich: „Es ist seit 1997 einfach schon viel Zeit vergangen. Für ehrgeizigere Ziele hätte man früher anfangen müssen.“ Deutschland etwa hat bislang eine Reduktion seiner Treibhausgasemissionen um 19 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 geschafft – allerdings stagnieren die Bemühungen seit dem Jahr 2000.
In den USA darf sich Kalifornien jedenfalls als absoluter Vorreiter fühlen. Die Regierung in Washington lehnt das Kioto-Protokoll vehement ab. Die USA sind mit 4,6 Prozent der Weltbevölkerung und 20 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung für rund 25 Prozent des weltweiten Kohlendioxid-Ausstoßes verantwortlich. Der Staat Kalifornien ist die sechstgrößte Volkswirtschaft der Welt, steht aber unter allen CO2-Emittenten nur auf Platz zwölf.
Auch andere US-Bundesstaaten sind kürzlich, ohne auf Washington zu warten, aktiv geworden. New York, New Jersey und fünf weitere Staaten im Nordosten sind eine Selbstverpflichtung eingegangen, die Treibhausgasemissionen ihrer Kraftwerke bis 2019 um 10 Prozent zu reduzieren. Oregon, Washington und ein paar andere planen ähnliche Gesetze. Doch bislang geht nur Kalifornien über die Energieerzeuger hinaus und will die gesamte Industrie erfassen.
Man werde umgehend „ein marktgerechtes System schaffen, das Kalifornien zum globalen Anführer im Bemühen um eine Reduktion der Kohlendioxidemissionen macht“, verkündete Schwarzenegger. Dieses System werde „beispielhaft für andere Bundesstaaten und Nationen“ sein. Wie es genau aussehen wird, steht allerdings nur in Umrissen fest. Vorgesehen ist jedenfalls ein Handel mit Emissionsrechten, wie es ihn in der EU seit vergangenem Jahr gibt. Die kalifornische Luftreinhaltungsbehörde soll zunächst einmal den Treibhausgasausstoß einzelner Branchen ermitteln, Emissionsgrenzen festlegen und Emissionsrechte verteilen. Die Unternehmen bekommen danach noch drei Jahre Zeit, die Grenzwerte einzuhalten. Erst ab 2012 werden sie strengen Kontrollen unterzogen und gegebenenfalls auch Strafen unterworfen. Im Visier hat die Regierung vor allem große CO2-Schleudern wie Kraftwerke, Ölraffinerien oder Zementwerke.
Vor der Industrie hatte sich die kalifornische Regierung bereits den Verkehr vorgenommen, der in dem autobegeisterten Staat allein 40 Prozent aller Treibhausgasemissionen ausmacht. In zehn Jahren müssen alle in Kalifornien verkauften Autos im Schnitt 30 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen als jetzt. Allerdings hat die Autoindustrie dagegen Klage eingelegt. Erst vor vier Wochen schloss Schwarzenegger zudem mit dem britischen Premier Tony Blair am unwilligen Washington vorbei ein Abkommen zur Schaffung eines transatlantischen CO2-Emissionshandels.
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