piwik no script img

Gnadenerlasse für Junta-Minister aufgehoben

Gericht in Argentinien hebt Begnadigung auf, da solche Dekrete bei Menschenrechtsverletzungen unzulässig sind

BUENOS AIRES epd ■ In Argentinien hat ein Bundesrichter am Montag die Begnadigung zweier früherer Minister der Militärdiktatur (1976–1983) aufgehoben. Laut der argentinischen Tageszeitung Clarín erklärte Bundesrichter Norberto Oyarbide die Amnestie für Exwirtschaftsminister José Alfredo Martínez de Hoz und Exinnenminister Albano Harguindeguy für verfassungswidrig.

Gegen beide kann jetzt ein erneutes Strafverfahren wegen Entführung und Erpressung eingeleitet werden. Beide waren vom früheren Präsidenten Carlos Menem in den Jahren 1989 und 1990 per Dekret amnestiert worden. Da es sich jedoch um eine Straftat im Rahmen einer Menschenrechtsverletzung handele, dürfe die Exekutive keine Amnestie aussprechen, urteilte der Bundesrichter.

Die Begnadigung bezog sich auf die Entführung und Erpressung des Unternehmers Federico Gutheim und seines Sohnes Miguel Ernesto in den Jahren 1976 und 1977. Die beiden Baumwollfabrikanten sollten mit der Entführung zur Annahme eines Exportvertrages gezwungen werden, von dem das Wirtschaftsministerium unter Martínez de Hoz profitierte. Beide waren sechs Monate in der Gewalt der damaligen Exekutive. De Hoz war 1983 im Zusammenhang mit der Entführung zusammen mit Exinnenminister Albano Harguindeguy angeklagt worden. De Hoz war damals 77 Tage in Haft. Die juristischen Aufklärung des Falles war 1990 von Präsident Menem durch die Amnestie gestoppt worden.

Die Aufhebung der Dekrete erfolgte auch auf Antrag des Menschenrechtssekretariats der Regierung von Präsident Néstor Kirchner. Am 23. Juni hatte der Menschenrechtsbeauftragte der Regierung, Luis Eduardo Duhalde, Klage beim Bundesgericht eingereicht, um die Begnadigung für verfassungswidrig erklären zu lassen. Sowohl Martínez de Hoz als auch Harguindeguy bleiben nach der Annullierung weiter auf freiem Fuß, auch wenn gegen sie jetzt wieder ermittelt werden kann. Während der Militärdiktatur in Argentinien wurden bis zu 30.000 Menschen ermordet.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen