: Pentagon erlaubt Homo-Army nach Richterspruch
USA Rekruten müssen sexuelle Orientierung nicht mehr verbergen, sagt das Verteidigungsministerium
AUS WASHINGTON BERND PICKERT
Schwule und Lesben dürfen sich jetzt für die US-Armee bewerben, ohne ihre sexuelle Orientierung verschweigen zu müssen. Eine entsprechende Anweisung hat das US-Verteidigungsministerium an die Rekrutierungsbüros geschickt. Damit reagiert die Armee auf eine Entscheidung der kalifornischen Bundesrichterin Virginia A. Phillips. Im vorläufig letzten von drei Urteilen hatte die Richterin am Dienstag einen Antrag des US-Justizministeriums verworfen, die bestehende Politik des „Don’t ask, don’t tell“ solange beizubehalten, bis in der Sache letztinstanzlich entschieden ist. Allerdings wies die Armee die Soldatenanwerber auch an, die Bewerber darauf hinzuweisen, dass die Gesetzeslage sich je nach Ausgang des Verfahrens auch wieder ändern könnte.
Richterin Phillips hatte zunächst im September die seit 1993 bestehende Gesetzeslage für verfassungswidrig erklärt, nach der Soldatenanwärter zwar nicht nach ihrer sexuellen Orientierung gefragt, aber aus dem Militärdienst entlassen werden, wenn sie ihre Homosexualität offen zeigen. Am 12. Oktober urteilte Phillips, dass diese Praxis sofort abgestellt werden müsse, und am Dienstag entschied sie, dass das vom Justizministerium angestrengte Berufungsverfahren keinerlei aufschiebende Wirkung habe. Das Justizministerium hatte angekündigt, gegen Phillips’ Entscheidungen juristisch vorzugehen, obwohl die Regierung Obama stets das Ziel verkündet hatte, den Bann gegen offen schwule und lesbische SoldatInnen aufzuheben. Das Ministerium folgt damit der Tradition, vom Kongress verabschiedete Gesetze grundsätzlich vor Gericht zu verteidigen.
Die Regelung „Don’t ask, don’t tell“ war 1993 unter Präsident Bill Clinton eingeführt worden. Sie war ein Kompromiss zwischen der vorherigen Praxis, Rekruten nach ihrer sexuellen Orientierung auszuforschen, und einer völligen Freigabe. Es ist fraglich, ob die von Obama angestrebte Freigabe je den Kongress passieren kann. Zwar hat das Repräsentantenhaus bereits mehrere entsprechende Gesetzentwürfe auf den Weg gebracht, im Senat jedoch kamen sie nie auch nur zur Abstimmung. Sollten die Demokraten nach den Wahlen vom 2. November die Mehrheit verlieren, könnte sich eine Phase des juristischen Vakuums anbahnen, wenn die Entscheidung von Richterin Phillips Bestand haben sollte, der Kongress aber keine entsprechende Neuregelung auf den Weg bringt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen