: Offizier berichtet von Kurnaz-Misshandlung
Deutscher KSK-Soldat will gesehen haben, wie der Bremer Häftling in Afghanistan getreten und geschlagen wurde
BERLIN/BREMEN afp/dpa ■ Der frühere Guantánamo-Gefangene Murat Kurnaz aus Bremen ist einem Zeugenbericht zufolge in einem US-Internierungslager in Afghanistan unter den Augen deutscher Soldaten misshandelt worden. Ein hochrangiger Offizier des Kommandos Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr sagte dem Stern: „Wir haben schon gesehen, wie die Amerikaner die Gefangenen da im Lager getreten und geschlagen haben. Das war einfach schäbig.“ Der Offizier widersprach jüngsten Meldungen, wonach das KSK zum fraglichen Zeitpunkt Anfang 2002 noch gar nicht in Afghanistan stationiert gewesen sei. „Ich war ab dem 10. Dezember 2001 in Kandahar.“
Zudem liegen dem Magazin nach eigenen Angaben Privatfotos von KSK-Angehörigen vor, die Anfang 2002 in Kandahar aufgenommen wurden. Kurnaz habe auf den Bildern den Ort wiedererkannt, an dem ihn zwei Soldaten verhört und dabei seinen Kopf auf den Boden geschlagen hätten. „Das ist in diesem Lager passiert“, sagte Kurnaz. Nach seinen Angaben in einem Interview von vergangener Woche handelte es sich bei den Tätern jedoch nicht um amerikanische, sondern um deutsche Soldaten. Bislang hatten deutsche Soldaten zwar erklärt, mit Kurnaz vor dessen Verlegung nach Guantánamo 2002 in Kandahar gesprochen zu haben. Sie bestritten jedoch, dass es zu Misshandlungen gekommen sei.
Politiker der früheren rot-grünen Bundesregierung kommen nun erneut in Erklärungsnot. Wie der Stern weiter berichtete, informierte der Bundesnachrichtendienst (BND) die Regierung bereits am 9. Januar 2002 über Kurnaz’ Internierung. Aus einer geheimen Depesche zitierte das Magazin: „Bei angeblichem Deutschen im Gefangenenlager Kandahar handele es sich um den in Deutschland aufgewachsenen M. K., der einen türkischen Pass hat. M. K. soll im Verlauf der Woche nach Guantánamo überstellt werden.“ Der Gefangene wurde den Deutschen laut Bericht sogar zum Verhör angeboten. Es bestehe „ein Angebot, M. K. zu sprechen und zu befragen“, habe der BND am 23. Januar 2002 an das Kanzleramt gemeldet.
Das Verteidigungsministerium kündigte vergangene Woche eine Prüfung der Vorwürfe an und will dem Bundestags-Verteidigungsausschuss nächste Woche berichten. Der 24-jährige Kurnaz war im August nach mehr als vier Jahren aus Guantánamo entlassen worden und nach Bremen zurückgekehrt.
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