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Eins zu null für die Islamische Föderation

Islamische Föderation gewinnt Prozess gegen Exvorstand. Senat prüft nun, Fördergelder für den Religionsunterricht an Grundschulen wieder zu zahlen. Staatsanwaltschaft ermittelt weiter wegen Betrugs gegen die Förderation

von Alke Wierth

Der islamische Religionsunterricht soll nach den Herbstferien wie gewohnt stattfinden. „Wir rechnen damit, dass wir die Probleme mit dem Senat innerhalb weniger Tage lösen werden“, sagte Burhan Kesici, Vizepräsident der Islamischen Föderation Berlin (IFB), gestern der taz.

Die Fördergelder, die die für Religionsangelegenheiten zuständige Senatsverwaltung für Kultur der IFB für den Religionsunterricht zahlt, liegen seit September auf Eis. Grund sind Vorwürfe, die ein ehemaliger Geschäftsführer der IFB erhoben hatte. Demnach soll die Föderation 20 Prozent der Gehälter als Spenden von den Religionslehrern zurückfordern. Auch sei der amtierende Vorstand nicht rechtmäßig gewählt.

Die IFB beschäftigt derzeit 20 Lehrkräfte für den Islamunterricht, an dem knapp 4.500 Kinder an 31 Grundschulen teilnehmen. Die Gehälter übernimmt wie bei anderen Religionsgemeinschaften auch zu 90 Prozent das Land Berlin.

Abdurrahim Vural, der die Vorwürfe erhoben hat, war bis zur Wahl eines neues Führungsgremiums im November 2005 selbst Vorstandsmitglied und Geschäftsführer der Föderation. Vural ist zudem Präsident der Islamischen Religionsgemeinschaft (IRG), einer Dachorganisation islamischer Vereine. Mitglieder der Islamischen Religionsgemeinschaft sind dabei fast ausschließlich Vereine, die auch zur Islamischen Föderation gehören.

Zumindest in einer Sache hat am Mittwoch eine Entscheidung des Amtsgerichts Charlottenburg vorerst für Klarheit gesorgt. Die Beschwerde Vurals über den angeblich nicht legitimierten neuen IFB-Vorstand wurde abgewiesen. Zwar sei die Wahl nicht in allen Einzelheiten satzungsgemäß verlaufen. Dennoch sei sie als ordnungsgemäß zu betrachten, so das Amtsgericht. Vural kündigte jedoch an, Einspruch gegen die Entscheidung des Amtsgerichts zu erheben.

Auch die Staatsanwaltschaft will ihre Ermittlungen wegen Betrugsverdachts gegen die Islamische Föderation fortsetzen. „Der Ausgang des Verfahrens ist offen“, sagte gestern ein Sprecher. Das Verfahren war durch eine Anzeige von Vural ausgelöst worden. Vor zwei Wochen hatte die Staatsanwaltschaft Räume der Förderation durchsucht und Unterlagen gesichert.

Der Senatsverwaltung für Kultur liege das Urteil noch nicht vor, sagt deren Sprecher Torsten Wöhlert gestern: „Aber wenn das Gericht tatsächlich den Vorstand bestätigt hat, wäre eine erste Hürde genommen.“ Insgesamt 740.000 Euro soll die Föderation 2006 vom Land erhalten. Die Summe wird in Raten für zwei bis drei Monate ausbezahlt. Dass sie nicht zweckentfremdet werden, wird mit einem jährlichen Verwendungsnachweis überprüft. Die nächste Zahlung für die IFB wäre in diesen Tagen fällig gewesen. Derzeit würden von der IFB eingereichte Unterlagen zur Klärung von Vurals Vorwürfen geprüft, so Wöhlert. Mit einer Entscheidung sei nicht vor nächster Woche zu rechnen. Sollte diese positiv ausfallen, würden die Zahlungen wieder aufgenommen.

Derweil wehren sich die Religionslehrer der IFB mit eidesstattlichen Versicherungen gegen Vurals Vorwurf, die Föderation habe von ihnen die Rückzahlung eines Teils ihrer Gehälter verlangt. Spenden seien zwar geflossen, aber immer freiwillig, beteuerten IFB-Lehrer auf einer vergangene Woche eilig einberufenen Pressekonferenz. Daran durfte jedoch nur ausgewählte Journalisten teilnehmen. Ein Fernsehteam des ZDF-Magazins „Frontal 21“ war ebenso unerwünscht wie die JournalistInnen der deutsch-türkischen Medienagentur Aypa, Claudia Dantschke und Ali Yildirim. Die beiden waren bereits wenige Tage zuvor von IFB-Vorstand Burhan Kesici daran gehindert worden, in einer IFB-Moschee zu drehen – ausgerechnet am „Tag der offenen Moschee“.

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