GEPLANTER STRATEGIEWECHSEL IM IRAK KÖNNTE US-PRÄSIDENTEN STÄRKEN
: Bush steuert auf einen Sieg zu

Der angekündigte Strategiewechsel der US-Irakpolitik nimmt langsam Konturen an, aber anders als von vielen erwartet. Wenn man dem britischen Guardian glauben darf, dann arbeitet die US-Regierung zur Zeit einen Vier-Punkte-Plan aus, der weiterhin auf Sieg setzt – wie es Präsident George W. Bush immer gefordert hat. Dazu sollen die Anzahl der US-Truppen im Irak erhöht, eine regionale Lösung gesucht, die verschiedenen Volksgruppen versöhnt und die US-Finanzmittel erhöht werden. Das ist, soweit überhaupt, eher ein Taktik- als ein Strategiewechsel und zum guten Teil Wunschdenken. Gelingt es Bush, die überparteiliche Baker-Kommission dazu zu bringen, Entsprechendes zu empfehlen, trägt er einen politischen Sieg davon – und gewinnt gleichzeitig Zeit.

Am schwierigsten ist die Situation für die US-Demokraten. Mit der Mehrheit im Parlament übernehmen sie Verantwortung, aber keine Richtlinienkompetenz. Die verbleibt beim Präsidenten. Spielen die Demokraten mit, enttäuschen sie ihre linksliberale Basis, die von ihnen eine klare Haltung zum schnellen Abzug erwartet. Verweigern sie Bush aber Zustimmung und Finanzierung, stehen sie als diejenigen da, die den kämpfenden Soldaten die Unterstützung aufkündigen. Beide Optionen sind unattraktiv.

Die Empfehlungen der Baker-Kommission müssen insofern beiden Seiten, Bush wie den Demokraten, erlauben, sich dahinter zu verstecken. Einzig der Verweis auf die „unabhängigen Experten“ ermöglicht gesichtswahrende Zugeständnisse. Man kann sich vorstellen, unter welchen Druck die Kommissionsmitglieder derzeit geraten.

Die Chancen sind nicht rosig, dass die vorgeschlagenen vier Punkte tatsächlich den Irak einer Befriedung näher bringen. Eine größere Anzahl von US-Truppen über einen längeren Zeitrum hält der zuständige General John Abizaid für nicht machbar – er will stattdessen mehr irakische Soldaten dabeihaben. Warum und woher die aber kommen sollen, weiß niemand zu sagen. Ein Konzept wird verabschiedet werden, weil niemand ein besseres hat. Wiedervorlage gewiss. BERND PICKERT