: Fan, ja – aber auch Anwohner
Das Verkehrskonzept für das Weserstadion ist kaum verabschiedet, da melden sich die KritikerInnen seines Ausbaus zu Wort. Sie wollen erstmal abwarten – und fürchten einen Freibrief für Werder
von Jan Zier
Auch Udo Würtz war gestern im Weserstadion, zum Champions-League Spiel Werder gegen Chelsea. Und eine Dauerkarte für die Bundesliga hat er auch, der Sprecher der Bürgerinitiative Pauliner Marsch. Man kann ihm kaum vorwerfen, für Fußball nichts übrig zu haben. Einem Ausbau des Stadions steht er dennoch „sehr skeptisch gegenüber“ – wie viele AnwohnerInnen. Daran ändert auch das Verkehrskonzept für das Weserstadion wenig, dass der Beirat Östliche Vorstadt am Dienstagabend verabschiedete. „Das sind zwei verschiedene paar Schuhe“, sagt Würtz.
Für Verkehrssenator Ronald-Mike Neumeyer (CDU) hingegen ist die „wesentliche Bedingung“ für den weiteren Ausbau des Weserstadions zu einer reinen Fußballarena jetzt erfüllt. Und bei Werder Bremen sieht man das ähnlich. Zwar sei klar, dass die Zufahrtswege zum Stadion „zusätzliche Verkehre nicht vertragen“, so Neumeyer. Dennoch stehe der vom Verein geplanten Erweiterung aus seiner Sicht „nichts mehr im Wege“.
Werder möchte die Tribünen um einen „dritten Rang“ aufstocken – und dafür 50 Millionen Euro investieren. Rund 50.000 Menschen fänden dann im Stadion Platz, ein Fünftel mehr als heute. Neumeyer findet diesen Wunsch „sehr verständlich“, schließlich seien auch die Heimspiele inzwischen regelmäßig im Voraus ausverkauft. Geht es nach dem Willen von Werder-Geschäftsführer Manfred Müller, beginnen die Bauarbeiten spätestens im Sommer 2008. Eine Bauvoranfrage seitens der Weser Stadion GmbH ist in Arbeit.
Den AnwohnerInnen geht das entschieden zu schnell. Sie wollen die neue Verkehrsführung erst einmal ausprobieren – zumindest eine halbe Bundesliga-Spielzeit lang. Das Konzept sieht vor, den Osterdeich zwei Stunden vor dem Anpfiff für den Durchgangsverkehr zu sperren. Für die Fans sollen schon auf der Autobahn Park&Ride-Plätze ausgewiesen werden, 3.000 mehr als bisher. Die Parkflächen in der Pauliner Marsch soll zukünftig nur nutzen können, wer auch eine „Stellplatzreservierung“ hat.
Für Ortsamtsleiter Robert Bücking ist dieses „überfällige“ Konzept eine „notwendige, aber nicht hinreichende“ Bedingung für einen Stadionausbau. Und auch Würtz sagt: Erst wenn feststehe, dass die Belastung des Quartiers „erheblich“ abgenommen habe, könne man darüber nachdenken, „ob ein weiterer Ausbau verantwortbar ist“. Schließlich sei der Verkehr nur ein Problem unter vielen.
Die AnwohnerInnen fürchten etwa „Pöbeleien“ der gut 10.000 zusätzlichen Fans, und dass sie „nur noch einen Klotz von Stadion“ vor ihrem Haus am Osterdeich stehen haben, vor allem einen, der viel Schatten wirft. Und dann ist da noch die Angst, „in einem halb leeren Stadion zu stehen“, wie Würtz sagt, wenn Werder mal nicht mehr in der Champions League spiele. Sondern nur im Mittelfeld der Fußball-Bundesliga.
Sowohl die AnwohnerInnen als auch der Verein betonen derzeit ihre Gesprächsbereitschaft, und Bücking sagt, „der Belagerungszustand ist aufgehoben“. Doch Würtz, selbst Rechtsanwalt, sagt auch: In Bielefeld und Osnabrück sei es den AnwohnerInnen gelungen, einen Stadionausbau vor Gericht noch zu verhindern. „Sollten die Stadt und der SV Werder bereits jetzt vollendete Tatsachen schaffen wollen, werden wir uns mit allen zu Gebote stehenden Mitteln wehren“, kündigt er an. Trotz Dauerkarte in der Tasche.
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