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Der schwarze amerikanische TraumKOMMENTAR VON ROBERT MISIK

Barack Obama hat die ersten formellen Schritte zur amerikanischen Präsidentschaftskandidatur gemacht. Damit ist so gut wie sicher, dass die Vorwahlen der Demokraten von zwei Menschen ausgefochten werden, die so etwas wie Kult sind: Hillary Clinton und Barack Obama. Die emanzipierte Frau, die die Rolle der First Lady so spektakulär neu definierte und deshalb zum Feindbild der Konservativen avancierte, gegen den schwarzen Charismatiker aus Illinois, der die Fantasien des liberalen Amerika beflügelt wie keiner sonst seit Bobby Kennedy.

Ein Duell, das kaum jemanden kaltlässt. Auch hierzulande nicht. Zu wem tendiert man da instinktiv, zumal als politisch korrekter Gutmensch? Die Antwort auf eine Blitzumfrage wäre wohl eindeutig: Obama käme locker auf 100 Prozent. Die Begründung lautet meist: Hillary ist unsympathisch und sie war für den Irakkrieg. Aber erklärt das die Emotionen ausreichend?

Es ist wohl eher so, dass die kulturelle Revolution, die ein Schwarzer im Weißen Haus darstellen würde, als grandioser empfunden wird. Dass es Frauen an die Staatsspitze schaffen können, ist längst nichts Besonderes mehr – Margaret Thatcher, Angela Merkel, Michelle Bachelet haben es vorexerziert, Ségolène Royal hat gute Chancen, es zu schaffen. Eine mehr? Was soll’s? Ein Schwarzer als US-Präsident, das wäre dagegen so eine Sensation wie der erste Mensch auf dem Mond.

Hillary Clinton hat da einen doppelten Emo-Nachteil. Dass Frauen bis ganz oben aufsteigen, daran hat man sich als Möglichkeit einerseits gewöhnt, andererseits ernten sie letztlich dafür immer noch extraskeptische Blicke. Auch deswegen haftet Clinton – unabhängig davon, ob sie privat liebenswert oder ein Ekel ist – das Stigma „unsympathisch“ an. Da Frauen, die etwas werden wollen, eben ganz schnell als „kalt“, „berechnend“ und „übertrieben ehrgeizig“ gelten. Das wäre natürlich wiederum ein Grund, Hillary Clinton erst recht die Daumen zu drücken.

Dennoch: Die spektakulärere kulturelle Revolution ist ein schwarzer Präsident. Clinton repräsentiert den Aufstieg der Frauen. Obama repräsentiert die Utopie eines ganz anderen Amerika, oder besser gesagt: den alten amerikanischen Traum.

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