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opfer brauchen opferArabische Jugendliche im Teufelskreis

Gewalttätige Vorfälle mit Jugendlichen erregen immer häufiger die Öffentlichkeit. Gewalt richtet sich gegen die Institution, gegen Lehrer oder gegen Mitschüler. Neben einem latenten Rechtsextremismus und Übergriffen von psychophatischen Einzelgängern häufen sich Vorfälle, an denen Migranten beteiligt sind. Im letzten Schuljahr sollen Gewaltdelikte an Berliner Schulen um 75 Prozent gegenüber dem Vorjahr zugenommen haben.

Durch ihre mediale Verstärkung werden diese Delikte vergrößert und vereinfacht – gerade bei Migranten. „Einwandererkinder sind überproportional häufig an Gewaltdelikten beteiligt“, heißt es. „Wird einer aus der Gruppe jugendlicher Migranten beleidigt oder angegriffen, schlägt der ganze Pulk zurück.“ Das kann mit direkter Gewalt geschehen. Oder mit verbalen Attacken wie bei einem jüdischen Mädchen an einer Berliner Oberschule. Im Streit mit einer arabischen Mitschülerin wurde sie zunächst als Jüdin beschimpft. Arabische Jugendliche außerhalb der Schule nahmen das auf: Sie verfolgten und bedrohten das Mädchen monatelang.

Zum Antisemitismus als Waffe greifen nicht nur arabische Jugendliche, auch ihre türkischen Mitschüler tun das. Hinter dem Hass auf alles Jüdische steckt oft ein psychologischer Mechanismus. Man gibt den Juden die Schuld an der eigenen Opferrolle. Viele der hier lebenden Palästinenser haben keine staatliche Anerkennung und keine Perspektive. Antisemitismus ist möglicherweise ihr einziges identitätsstiftendes Motiv. Bei Jugendlichen geht dies oft ohne Erfahrung eines persönlichen Leids. In ihren Elternhäusern erfahren diese Jugendlichen nichts über die Hintergründe ihres Hasses – oder wie er zu bewältigen wäre.

Schulen müssen befähigt werden, Vorurteile abzubauen. Wie das gehen kann, versuchen Lina Ganama und Michael Rump-Räuber im taz-Gespräch zu erläutern. Lina Ganama stammt aus Syrien und arbeitet bei Al Nadi, einem Berliner Treffpunkt für arabische Frauen. Sie macht Elternarbeit an Schulen. Michael Rump-Räuber ist Geschichts- und Deutschlehrer. Er arbeitet im Landesinstitut für Schule mit Schwerpunkt Antisemitismus.

EDITH KRESTA

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