: Stadt, Land, Frust
Kommunale Arbeitgeber und Gewerkschafter, Sozial- und Christdemokraten demonstrieren in Düsseldorf gemeinsam gegen die „Privat-vor-Staat“-Pläne der schwarz-gelben Landesregierung
VON PASCAL BEUCKER
Die Organisatoren rechnen mit über 15.000 Teilnehmern und die Polizei mit „erheblichen Verkehrsbehinderungen“: Unter dem Motto „Hände weg von den kommunalen Unternehmen!“ macht die „Initiative Kommunalwirtschaft“ mobil gegen die schwarz-gelben Pläne zur Reformierung der Gemeindeordnung. Seit‘ an Seit‘ schreiten heute in Düsseldorf Stadtoberhäupter mit Gewerkschaftern, Christ- mit Sozialdemokraten, der Deutsche Mieterbund mit dem Verband der Wohnungswirtschaft vor den Düsseldorfer Landtag. Das ungewöhnlich breite Bündnis von der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di über die kommunalen Spitzenverbände bis hin zum Verband Kommunaler Unternehmen eint ein gehöriger Unmut über die Landesregierung.
Die will die wirtschaftliche Betätigung der Städte und Gemeinden zugunsten von Privatunternehmen drastisch einschränken – getreu der FDP-Kampfparole „Privat vor Staat“. Kommunale Unternehmen sollen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben künftig nur noch tätig werden dürfen, wenn „ein dringender öffentlicher Zweck eine Betätigung erfordert“ und „der dringende öffentliche Zweck durch andere Unternehmen nicht ebenso gut und wirtschaftlich erfüllt werden kann“. So haben es CDU und FDP vereinbart. Noch vor der Sommerpause soll das entsprechende Gesetzespaket ins Düsseldorfer Parlament eingebracht werden.
Dagegen laufen die Kommunen Sturm. Trotz eines geplanten Bestandsschutzes sehen sie ihre Stadtwerke und damit Arbeitsplätze gefährdet. Profitable Bereiche landeten bei Privatanbietern, Verlustgeschäfte blieben an ihnen hängen, befürchten sie. Zudem könnten die Städte nicht mehr mit den Gewinnen kommunaler Betriebe rechnen – somit würden bislang quersubventionierte Bereiche wie der öffentliche Nahverkehr oder Schwimmbäder teurer.
Der im Kabinett Ende Januar verabschiedete Gesetzentwurf bedeutete „für die kommunalen Unternehmen einen Tod auf Raten“, kritisieren NRW-Städtetag, Landkreistag sowie Städte- und Gemeindebund unisono. Auch namhafte CDU-Kommunalpolitiker wie die Oberbürgermeister von Duisburg oder Köln, Adolf Sauerland und Fritz Schramma, sind kräftig verärgert. Zu den Hauptrednern der von SPD, Grünen und WASG unterstützten Demonstration zählt denn auch Walter Reinarz, Vorsitzender der Landesgruppe des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen – und Chef der Kölner CDU.
Bis hinein in die CDU-Landtagsfraktion reicht die Verstimmung über die Reformpläne, die deutlich die Handschrift des marktradikalen Koalitionspartners FDP trügen. In der Staatskanzlei ist man unterdessen um Schadensbegrenzung bemüht. Es solle durch konkrete Formulierungen in der neuen Gemeindeordnung sichergestellt werden, dass die kommunalen Selbstbestimmung nicht gefährdet werde, hieß es nebulös.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen