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HAMBURGER SZENE VON KAI VON APPEN Versammlungsrecht

Ein Polizist bemängelt, der Rückbau des Camps habe optisch nicht stattgefunden, lässt sich aber belehren

Es gibt schon wieder Ärger. Eigentlich hatte die „Alternativ Uni“ an diesem Abend ihre Zelte bereits abbrechen wollen. Weil aber die Polizei das dreitägige Protestcamp durch eine Verkehrsvideokamera hatte observieren lassen – bis sie vom Verwaltungsgericht gestoppt wurde – hatten die Protestierenden beschlossen, eine Nacht länger zu bleiben.

Nun aber ist Plenum angesagt, denn die Polizei hat die Verlängerung zwar bestätigt, aber Auflagen erteilt. „Wir sollen die Zelte und Planen bis 22 Uhr abgebaut haben“, berichtet der Versammlungsleiter den Kommilitonen. Was drei Tage lang in Ordnung war, geht angeblich nicht mehr. „Zelte sind nicht versammlungsimmanent“, habe die Polizei wissen lassen, und dass das Versammlungsrecht „keine optimalen Bedingungen durch das Aufstellen von Zelten“ garantiere.

Das Plenum ist sich einig: eine billige Retourkutsche der Polizei für die gerichtliche Kamera-Schlappe. Die Idee: Die teuren Zelte werden abgebaut, Ruck- und Schlafsäcke in Sicherheit gebracht für den Fall, dass die Polizei auf Krawall aus sein sollte und das Camp räume. Die ebenfalls monierten Planen bleiben aufgespannt, und werden flugs mit Parolen übermalt.

Es dauert nicht lange, da kommt ein Polizist. Erst bemängelt er, dass der Rückbau des Camps optisch nicht stattgefunden habe, lässt sich aber belehren: Die Planen seien Transparente – mithin Meinungsäußerung. Er geht zum Peterwagen und telefoniert mit seinem „Polizeiführer“. Als er zurück kommt, wirkt er entspannt: „Alles in Ordnung.“ Wenig später können die Studis ihre Schlafsäcke wieder ausrollen, unter den Planen voller Meinung.

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