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Dreckige Umwelt macht todkrank

Schadstoffe in Luft und Wasser sowie Pestizide haben dazu geführt, dass Krebs in China zur häufigsten Todesursache geworden ist. Das zeigt ein Bericht des Pekinger Gesundheitsministeriums, das damit die Kritik von Umweltschützern offiziell bestätigt

AUS PEKING GEORG BLUME UND KRISTIN KUPFER

Krebs ist in Chinas Städten heute die häufigste Todesursache. Auslöser sind verseuchte Luft und verseuchtes Wasser. Dies zeigt eine Untersuchung des Gesundheitsministeriums, das in 30 Städten und 78 Landkreisen recherchiert hatte. Der Bericht ist der erste seiner Art und lässt keinen Zweifel an dem Zusammenhang zwischen Umweltbelastung und Krebstod.

„Der Hauptgrund für die wachsende Zahl der Krebsfälle ist die täglich schlechter werdende Qualität von Wasser und Luft“, sagte der Gesundheitsexperte Chen Zhizhou vom Krebsinstitut der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking der Zeitung China Daily. Damit bestätigt die Pekinger Regierung erstmals offiziell, was chinesische Umweltschützer seit langem beklagen.

Bekannt ist der Fall des sogenannten Krebsdorfes Huangmengying in der Provinz Henan. Dort starben nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua zwischen 1991 und 2005 114 Bewohner an Krebs. Ursache der Krebserkrankungen war die lange Zeit unbemerkte Vergiftung des Grundwassers durch eine nahe Lebensmittelfabrik.

Solche Gesundheitsskandale wurden von den Behörden bisher mit allen Mitteln vertuscht. Nun zeigt der Bericht des Pekinger Gesundheitsministerium, dass Huangmengying nicht die Ausnahme, sondern die Regel ist. „Viele chemische und industrielle Betriebe sind entlang der Flüsse gebaut, um ihre Abfälle einfach ins Wasser zu kippen“, beschreibt Chen. Das vergiftete Wasser erreiche über die Böden direkt die Nahrungskette. Der Experte kritisierte auch den Gebrauch von Dünger und Pestiziden als weitere Ursachen für häufige Krebserkrankungen.

Erst vor kurzem hatte ein Bericht der Chongqinger Morgenzeitung eine ganze Reihe von Krebsdörfern im Land aufgezählt. Unter dem Titel „Warum das Wasser des Lebens zur Wiege des Krebs wird“ wurde auch das Dorf Xiadian in Shandong beschrieben, wo seit dem Jahr 2000 zwei Drittel aller Todesfälle auf Krebserkrankungen zurückzuführen seien.

12 Prozent aller Krebskranken in China stammten laut der Zeitung aus der Provinz Jiangsu. Der Vizechef der Infrastrukturabteilung Xu Xuejhun führe das auf die massive Wasserschmutzung zurück. Rund 12.000 Chemiefabriken pumpen ihre Abwasser in Flüsse.

Zugleich gibt es unbestätigte Berichte chinesischer Umweltschützer, die auf eine Verbesserung der Lage in den Krebsdörfern hindeuten. In Huangmengying seien die Behörden aktiv geworden und sorgten heute für sauberes Grundwasser und ärztliche Betreuung der Krebskranken, teilte man der taz mit. Auch die Luftverschmutzung führt laut Gesundheitsministerium zu mehr Krebstoten. Lungenkrebs sei in Chinas Städten eine häufige Folge einer nach Renovierungen von Formaldehyd verseuchten Luft.

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