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Grüne Energieschleuder

Dortmund will als erste Großstadt kommunale Gebäude in Zukunft komplett auf Ökostrom umstellen. ExpertInnen begrüßen die Idee, fordern aber auch mehr Energiesparprogramme

VON MORITZ SCHRÖDER

Die Stadt Dortmund will bundesweite Ökostromzentrale werden. Nach einem neuen Plan der SPD-Fraktion sollen in Zukunft alle Gebäude der Stadtverwaltung und der städtischen Unternehmen auf Strom aus erneuerbaren Energien umsteigen. Das kündigte Helmut Harnisch, SPD-Sprecher im Umweltausschuss, an und überraschte damit sogar die KollegInnen des grünen Koalitionspartners. „Der Umstieg funktioniert“, sagt Harnisch begeistert. Dass es realisierbar ist, bewiesen viele Kommunen in der Schweiz. Nächste Woche soll der Stadtrat über einen Prüfantrag entscheiden, nach dem die Potenziale in Dortmund untersucht werden sollen.

„Es ist erfreulich, dass die SPD da einen Vorstoß macht“, sagt Grünen-Fraktionsvorsitzender Mario Krüger. Umweltpolitisch überholt fühlt sich der Grünenpolitiker dadurch aber nicht. Schließlich hätten die beiden Ratsfraktionen bereits ein umfassendes Maßnahmenpaket für den kommunalen Klimaschutz vorbereitet, das im Juni mit der rot-grünen Ratsmehrheit beschlossen werden soll. Seit 1993 gehört Dortmund bereits zu den heute 400 deutschen Städten im europäischen Klimabündnis. Rathaus und Stadthaus, wo ein Großteil der Verwaltung sitzt, wurden bereits auf Ökostrom umgestellt.

Für ExpertInnen sind solche Ökostromkonzepte zwar löblich, aber bei weitem nicht ausreichend, um etwas gegen den klimaschädlichen Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) zu unternehmen. „Die Stadt kann damit ein wichtiges Signal setzen“, sagt Dag Schulze, Energiefachmann des europäischen Klimabündnisses. Parallel dazu sollten aber gezielt alte Gebäude saniert werden. Da gebe es noch große Potenziale in den meisten Kommunen. Im geplanten Klimaschutzkonzept in Dortmund soll aber auch das berücksichtigt werden.

Dass kommunale Sanierungsprogramme erfolgreich und prestigeträchtig sein können, zeigt das Beispiel Münster. Die Kommune wurde 1997 und 2006 von der Deutschen Umwelthilfe zur Bundeshauptstadt des Klimaschutzes auserkoren. Im Jahr 2004 erhielt sie als bisher einzige deutsche Großstadt den „European Energy Award“ in gold für ihre Energiesparprogramme. Und das, obwohl der Anteil des städtischen Ökostromverbrauchs mit 500.000 Kilowattstunden jährlich heute nur ein Sechstel der Abnahme in Dortmund ausmacht. Münsters Erfolgsrezept: „Der beste Strom ist der, den wir nicht verbrauchen“, sagt Birgit Wildt, Leiterin der Koordinierungsstelle für Klima und Energie in Münster. Stromeffizienz durch Stromsparmaßnahmen müssten der erste Schritt sein. Danach komme der Einsatz erneuerbarer Energien.

Deshalb leistete sich Münster bis 2004 eine Altbausanierung von 750.000 Euro im Jahr. Seitdem gibt die Kommune noch 100.000 Euro jährlich dafür aus, bis einschließlich 2010. Zudem gibt es unter anderem eine wöchentliche Energiesparberatung für die BürgerInnen.

Und trotzdem können vor allem große Kommunen kaum CO2-Einsparungen vorweisen. Selbst Münster hat sein geplantes Reduktionsziel von 25 Prozent bis 2005 auf der Basis von 1990 nicht erreicht. Auf 21 Prozent kam die Stadt – wird der Ersatz eines alten durch ein effizienteres Kraftwerk berücksichtigt. Im Klimaschutzbündnis verpflichten sich die Städte allerdings, bis 2030 ihren Ausstoß zu halbieren. Ein wichtiges aber utopisches Ziel, findet Birgit Wildt: „Das ist unter den bisherigen Bedingungen schwer umsetzbar, weil der Energieverbrauch weiter steigt.“ Am Dienstleistungsstandort Münster macht sich besonders die stark zunehmende Zahl der Elektrogeräte bemerkbar.

Dag Schulze vom Klimaschutzbündnis gesteht auch ein, dass sich nicht alle Städte weitgehende Maßnahmen leisten können, was vor allem das Ruhrgebiet betreffen dürfte: „Die Städte mit Haushaltssicherung können da kaum was machen.“ Städtischer Klimaschutz habe ohne neue Maßnahmen von Bund und EU enge Grenzen. „Was Dortmund macht, ist aber ein guter Einstieg.“

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