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„Ein Arme-Leute-Vehikel“

MOBILITÄT Das Museum der Arbeit zeigt Kurzfilme, in denen ein Fahrrad die Hauptrolle spielt

Mario Bäumer

■ 41, ist Kurator der Ausstellung „Das Fahrrad“ im Museum der Arbeit, hat in Amsterdam studiert und fährt selbst gern Rad.

taz: Herr Bäumer, fahren Sie mit dem Fahrrad zur Arbeit?

Mario Bäumer: Normalerweise schon, aber nicht bei Minusgraden oder wenn es schüttet. Für mich ist Fahrradfahren extrem wichtig, aber im Sommer macht es mehr Spaß.

Glauben Sie, dass es eine Renaissance des Radfahrens gibt?

Es fahren jetzt nicht massenhaft Leute Fahrrad, aber das Image des Verkehrsmittels hat sich auf jeden Fall stark gewandelt.

Inwiefern?

Mit Beginn des Wirtschaftswunders Anfang der 50er Jahre gab es das Streben nach Motorisierung. Da kam zuerst der Hilfsmotor fürs Fahrrad, dann das Moped und schließlich das Auto. In den 60er und 70er Jahren nahm das Fahrradfahren rapide ab. Es war ein Arme-Leute-Vehikel – und richtig uncool.

Und heute?

Wenn ein Geschäftsmann mit einem schicken Fahrrad bei einem Vorstellungsgespräch vorfährt, kann das ein Ausdruck von Modernität sein. Früher war das Auto das entscheidende Statussymbol. Heute gehört es zum guten Ton, dass man gern Fahrrad fährt – auch bei Politikern.

Warum strampeln sich die Menschen freiwillig ab?

In Kopenhagen – der europäischen Fahrradstadt – gab es dazu eine repräsentative Befragung. Als wichtigster Grund wurde die Zeitersparnis genannt. In Großstädten ist das Fahrrad einfach praktisch – und dabei auch noch umweltfreundlich und gesund.

Wie fahrradfreundlich ist Hamburg?

Hamburg ist überhaupt keine Fahrradstadt, aber der Anteil der Radfahrer steigt und das Thema hat Eingang in die Politik gefunden. Eine gewisse Innovation in der Verkehrsplanung ist schon nötig, aber das Thema kann auch als Instrument dienen, damit wir Plätze in der Stadt von den Autofahrern zurückerobern.

Welche Fahrradgeschichten erzählen die Kurzfilme?

Ganz unterschiedliche. Wir zeigen passend zur Ausstellung „Das Fahrrad. Kultur, Technik, Mobilität“ 14 internationale Kurzfilme. Es sind ernste Spielfilme dabei, wie der über eine zehnjährige Müllsammlerin aus Indonesien, die von einem Fahrrad träumt. Aber auch Dokumentationen über modernes Kunstradfahren oder einen Fahrradverrückten im Teufelskostüm, der die Tour de France begleitet.

Welche Geschichte ist bei Ihnen hängen geblieben?

Der dreiminütige Film „The Man Who Lived On His Bike“ aus Kanada ist faszinierend. Es geht um einen jungen Mann, der auf seinem Fahrrad lebt. Er bewegt sich freihändig durch die Stadt, putzt Zähne, brät Spiegeleier und liest Zeitung. Das ist schon sehr kurios.  INTERVIEW REA

Kurzfilmabend „Das Fahrrad“: 19 Uhr,Museum für Arbeit, Eintritt: 4,50 Euro

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