: Kämpferin für gleiches Schulrecht
Sie ist nicht die Erste, die im Schloss Bellevue einen Preis oder eine Auszeichnung für ihr Engagement in Schulen erhält. Bundespräsident Horst Köhler hat ein echtes Faible für Schulen und alles drum herum entwickelt. Dennoch ist der Bundesverdienstorden, den Martina Buchschuster gestern erhielt, ein Ausrufezeichen: Schule muss endlich aufhören auszugrenzen, bedeutet es. Denn die Anwältin aus Bayern kämpft einen verzweifelten Kampf – für ihre kleinen Mandanten, die sie als behinderte Kinder aus Sonderschulen herausholen will. Und auch für ihre eigene Tochter.
Anna Buchschuster ist neun und kann fast nichts selbstständig machen. Sie ist Autistin, das bedeutet, dass sie wie abgeschnitten ist von ihrer Umwelt. Für ihre Mutter ist gerade das ein Grund, sie nicht auch noch schulisch auszugrenzen – Anna sollte nicht auf eine Sonderschule. „Ich hätte nie für möglich gehalten, dass es ihr gelingen würde, sich in einer Regelklasse in weiten Teilen zu beteiligen.“ Aber dieses kleine Wunder ist geschehen und die streitbare Bayerin ist sich sicher, dass das in einer Sonderschule nicht geschehen wäre. „Dort hätte man gar nicht von ihr verlangt, sich zu beteiligen.“
Aber so leicht, wie sich das anhört, ist es nicht: aus der Sonderschule auszubrechen. Die 41-Jährige weiß, wie hartnäckig Schulbehörden behinderte Kinder in diese Schulen stecken, in denen sie laut Studien so gut wie nichts dazulernen, die aber dennoch den zynischen Titel Förderschulen tragen. Die Juristin hat gerade den Fall eines Down-Kindes vor das Bundesverfassungsgericht getragen. Ziel war es, kurz gesagt, Sonderschulen, in denen rund 420.000 vom normalen Schulleben ausgeschlossen sind, für verfassungswidrig erklären zu lassen. Das ist ihr zunächst nicht gelungen – das Gericht nahm den Fall nicht an. Umso wichtiger ist, dass nun der höchste Mann im Staate den Fall gewissermaßen noch mal aufgegriffen hat – und sie für ihr Engagement um eine „Schule für alle“ auszeichnet.
Martina Buchschuster wird nicht aufgeben. Sie sagt, wenn es im Grundgesetz ein echtes „Recht auf Bildung“ gäbe, dann wären die Förderschulen juristisch nicht mehr haltbar. Denn Menschenrechte sind nicht teilbar – auch nicht durch ein in Beletage und Keller geteiltes Schulsystem, das Bildungschancen eklatant ungleich verteilt. Konkret würde das nach Ansicht Buchschusters auch das Ende der Hauptschulen bedeuten: „Die Bundesländer könnten sich nicht mehr erlauben, bei einem 10-Jährigen eine mindere Begabung zu diagnostizieren und ihn zur Strafe dafür in eine Schulform einzuweisen, die seine Lebenschancen beeinträchtigt.“ CHRISTIAN FÜLLER
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