Koalitionsstreit in Kiel: Stegner überspannt den Bogen
„Humbug“, „töricht“, „dumm“: Wenn Ralf Stegner, Kieler Innenminister und SPD-Landeschef in Schleswig-Holstein, sich über seine Kollegen äußert, schießt er gern scharf. Harmoniesucht lässt sich der „Rote Rambo“ auf keinen Fall vorwerfen – für Stegner ist Streit Teil des politischen Tagesgeschäfts. Er will sich profilieren, und das geht eben nicht mit Nettigkeit und Kuschelkurs.Das muss man mögen – die CDU in Schleswig-Holstein, allen voran Ministerpräsident Peter Harry Carstensen, mag es nicht.
KOMMENTAR VON Esther Geißlinger
Gegensätzlicher als die beiden können Politiker kaum sein: Hier der Gemütsmensch Carstensen, der gerne den volksnahen Landesvater gibt, dort der Taktiker Stegner, der immer eine Drehung weiterdenkt und keine Pointe verschenken will.
Aber Stegner hat den Bogen überspannt: Carstensen nimmt die Spielchen seines Innenministers persönlich. Schon im Mai war die CDU kurz davor, dem Chef-Roten die Rote Karte zu zeigen. Nun hat Carstensen sie gezückt: Eine Verlängerung der Koalition gibt es nur, wenn Stegner geht, so lautete die Forderung. Und Carstensen sitzt in der deutlich besseren Position: Dank guter Umfragewerte könnte die CDU gelassener in Neuwahlen gehen als die SPD.
Egal ob die Koalition diese bisher schwerste Krise übersteht oder ob sie an der Personalie zerbricht: Seiner SPD hat Stegner keinen Gefallen erwiesen.
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