piwik no script img

Der Rückzieher

■ Wende im Fußballkrieg: Länder wollen Kirchs WMs doch nicht vom Pay-TV ausnehmen

Es wurde als Sieg des Publikums gefeiert. Als die Länderministerpräsidenten am 22. Oktober ihre Einigung zum freien Fußballgucken verkündeten, schien alles klar: „Jedenfalls die Spiele der deutschen Nationalmannschaft“ bei den WMs 2002 und 2006 sowie bei anderen Wettbewerben, so das Beschlußprotokoll sollten und ohne Bezahlung zu gucken sein. Gebe es keine freiwillige Kirch und Fifa, dann gebe es ein Gesetz.

Kaum ist die Diskussion abgeflaut, machen die ersten Länder schon wieder einen Rückzieher. In einem Staatsvertragsentwurf der Mainzer Staatskanzlei heißt es, die vorgesehenen Bestimmungen für freie Spiele sollten nicht gelten „für die Übertragung von Großereignissen, an denen ein Fernsehveranstalter vor dem 5. Juli 1996 ... Rechte ...erworben hat.“ Am 3. Juli 1996 jedoch hatte Kirch die Rechte an den Fußball-WMs 2002 und 2006 gekauft. Die Rechte, an der sich der ie ganze Diskussion entzündet hatte, sollen nun möglicherweise ausgespart bleiben.

Bayerns Staatskanzlei geht dieser Ausnahmeparagraph sogar noch nicht einmal weit genug: „Um Klarheit zu schaffen“, sagt Rundfunkreferent Hans-Jörg Kuch, sei es „sicher besser, auch Rechteerwerber und Rechtevergeber“ mit einzubeziehen. Bayern hat es ohnehin nicht eilig mit einem Gesetz. Man solle erst auf das Urteil des Verfassungsgerichts zur Kurzberichterstattung vom 18. Februar warten. Ein Rückzieher sei das aber nicht: „Wir haben immer auf die verfassungsrechtlichen Probleme hingewiesen.“

Andere Länder sehen diese Probleme freilich nicht so. In Hessen etwa wittert man eine juristisch verbrämte Kirch-Nähe der Bayern. Und auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Simonis verweist nun darauf, so etwas werde ihr Land nicht mitmachen. Doch diese Positionen sind in der Minderzahl. Der Mainzer Staatskanzleichef Klaus Rüter wiegelt ab. Es handle sich ja nur um einen Entwurf. Und im übrigen könne er sich „nicht vorstellen, daß wir vorweg sagen, die verkauften Rechte können nicht mehr Bestandteil der Liste sein.“

Am Freitag wird sich die Verhandlungsgruppe aus vier Staatskanzleichefs einmal mehr mit Fußballverbänden und Rechteinhaber Kirch treffen, um eine freiwillige Vereinbarung zu treffen. Nach Ansicht von Mitgliedern sind die Chancen dafür gering. Kirch-Manager Hahn hatte am Dienstag im Haussender DSF Verhandlungsbereitschaft, am Donnerstag im Stern aber wieder Härte signalisiert.

Unterdes beteuerte DFB-Präsident Egidius Braun sowohl in zwei Briefen, die er an den Mainzer Ministerpräsidenten Kurt Beck schrieb, wie auch in einem Brief an die Verhandler aus der letzten Woche, Kirch könne nicht frei über die Rechte verfügen: „Die Fifa muß jeden einzelnben Vertrag mit jedem einzelnen Land auch absegnen.“ Der DFB sei weiterhin dafür, daß alle Länderspiele „live und ohne Aufgeld im freien Fernsehen“ übertragen werden. Lutz Meier

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen