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Die Privatgeschäfte von Staatsdienern

■ Mitarbeiter der Sozialbehörde machen privat Geschäfte mit den freien Kita-Trägern

Auf dem Tisch des Evangelischen Kindergarten-Verbandes liegt ein bestechendes Angebot: Die Computer-Firma DIWO würde für die 44 Einrichtungen Computer incl. Laserdrucker für ca. 4.500 Mark das Stück („frei Haus“) beschaffen und bietet die Schulung der Kita-Leiterinnen an dem neuen „Kindergarten-Informations-System“(KIS) als Paket für 28.600 Mark plus Mehrwertsteuer an. Bestechend ist das Angebot nicht nur, weil die Behörde im September noch 6.300 Mark für jeden Computerplatz in den ansonsten vergleichbaren städtischen Kitas ausgeben wollte. (vgl. taz 12.9.) Die Einarbeitung würde zudem aus kompetentester Hand erfolgen: Die beiden Firmeninhaber Peter Dick und Uwe-C. Wolf haben selbst das Programm „KIS“entwickelt.

Aber aus demselben Grund findet die Leiterin des Evangelischen Landesverbandes das Angebot „ein bißchen heiß“: Die beiden Männer betreiben die Computerfirma in ihrer Freizeit, hauptamtlich sind sie angestellt bei der Aufsichtsbehörde der Kitas, beim Sozialsenator. Um derartige unsaubere Grenzen zu vermeiden, legt die bremische Nebentätigkeitsordnung eindeutig fest, daß eine Nebentätigkeit zu versagen ist, wenn sie „in einer Angelegenheit ausgeübt wird, in der die Behörde, der der Beamte angehört, tätig wird oder tätig werden kann“.

Der Katholische Gemeindeverband, der den Schritt zum Computer schon im Sommer gemacht hat, hat sich auch der Feierabendfirma DIWO bedient. Für 12.000 Mark wurde den neun katholischen Kita-Leiterinnen das Programm erklärt. Wobei der Abteilungsleiter Finanzen der Katholiken, Gerhard Brinkmann, davon ausgeht, daß er zu dem bestechenden Angebot der DIWO keine Alternative hatte: „Denen gehört doch das Programm KIS“, erklärte er gegenüber der taz. Für das Programm habe die DIWO aber keine Lizenz-Gebühren berechnet, warum auch immer.

Für den Geschäftsführer der Katholischen Gemeinden, Andreas Mündelein, ging die Sache gerade aufgrund der Personalidentität zwischen Behörde und DIWO reibungslos. „Ich kenne Herrn Dick aus den Verhandlungen mit der Behörde über die Finanzierung.“Wobei für ihn der Kauf von „KIS“ein rein privates Geschäft ist: „Die Firma DIWO hat das Programm entwickelt, uns vorgestellt, mitgebracht und installiert.“Für den Fall, daß die katholischen Kita-Leiterinnen während ihrer Dienstzeit Probleme mit dem Programm haben, rufen sie natürlich Herrn Dick oder Wolf an – bei der Behörde.

Undurchschaubare Verquickung von Behördenarbeit und privaten Geschäften? „Ich habe diese Kollision hier nicht gesehen“, sagt dazu die Abteilungsleiterin und Vorgesetzte von Peter Dick, Dr. Heidemarie Rose. Natürlich gehöre das Programm „KIS“nicht der DIWO, sondern sei Eigentum der Behörde. Natürlich hätte die Katholische Kirche eine andere Firma mit der Einweisung in das Programm beauftragen können. Wenn das nicht deutlich geworden wäre, sei das ein Mißverständnis. Nachteile in Verhandlungen mit Herrn Dick, wenn ein 28.000 Mark-Geschäft mit der Firma DIWO/Dick abgelehnt würde, habe kein freier Träger zu befürchten. Wenn Dick und Wolf für Schulungs-Wochen Urlaub nehmen, schlägt sich das nicht in reduziertem Gehalt nieder, sie „arbeiten die Stunden nach, machen Überstunden“, erklärt Rose. Die beiden hätten mit hohem Engagement das Programm KIS entwickelt, daher habe die Behörde die Nebentätigkeit erlaubt, sozusagen als „Bonbon“da ein andere Möglichkeit des „Dankeschön“in der starren Besoldungsordnung nicht möglich sei.

Nur: Das Dankeschön bezahlt letztlich wiederum die Behörde. „Natürlich rechnen wir die Schulungskosten mit der Behörde am Ende ab“, sagt der katholische Kassenwart Brinkmann. Auch die Computer, die die DIWO kirchlichen Kitas anbietet, würde natürlich die Sozialbehörde bezahlen – inclusive Beschaffungs-Provision.

K.W.

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