: Czichon bedeutet zweimal Glück
■ Ex-Stadtwerke-Chef verdient 120 Prozent Senatorenbezüge
Die Senatskommission für das Personalwesen (SKP), Bremens oberste Personalbehörde, meint es besonders gut mit dem früheren Stadtwerke-Chef Günther Czichon. Czichon, heute 68 Jahre alt, war früher Senator für Bundesangelegenheiten. Daher bezieht er eine Pension von 55 Prozent der Senatorenbezüge. Als langjähriger Stadtwerke-Chef verdiente sich Czichon Pensionsansprüche, die etwa 65 Prozent des Senatorengehaltes ausmachen. Dazu hat er aus früheren Zeiten – von Beruf ist er eigentlich Ingenieur – eine kleine BfA-Rente. Macht unter dem Strich eher eine drei als eine zwei vor den vier Nullen.
So weit, so gut und alles rechtens. Allerdings hatte es sich Mitte der 90er Jahre bei der SKP herumgesprochen, daß das kleinste Bundesland sich in einer Finanzkrise befand, und es keinen guten Eindruck machte, wenn das eigene politische Personal mit besseren Pensionsansprüchen bedacht werde als das andernorts üblich war. Also ging man irgendwann daran, das fürstliche Gesetz einem parlamentarischen Veränderungsverfahren zu unterziehen. Als Czichon bei den Stadtwerken aufhörte, da war eine Gesetzesnovelle gerade in der parlamentarischen Beratung, nach der Senatorenpensionen nur bis zu einer Gesamtsumme von 75 Prozent der Aktiv-Bezüge aufgestockt werden sollen, wenn ein ehemaliger Senator anderweitige Versorgungsansprüche hat. Als ob der Sozialdemokrat Czichon das geahnt hätte, ging er genau vier Wochen vor Inkrafttreten der neuen Regelung in Pension.
Und obwohl die Rechtslage insofern klar war, zahlte die SKP dem früheren Senator nur einen Aufschlag von 10 Prozent auf seine Stadtwerke-Versorgung. Czichon ging vors Verwaltungsgericht und gewann im Sommer 1998 das Verfahren, die Rechtslage war eindeutig, und Bremen mußte für die Jahre 1994 bis 1998 pro Monat 7.800 Mark plus Zinsen nachzahlen. Der Streitwert war entsprechend hoch, der Anwalt Baumann-Czichon, sein Sohn, verdiente auch nicht schlecht an dem Prozeß.
Sage niemand, die SKP habe kein Herz für Anwälte! Denn obwohl Sach- und Rechtslage eindeutig sind, ging die SKP in Berufung. Zwar ist das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes noch nicht gesprochen, aber da klar ist, was dabei nur herauskommen kann, konnte man Ende der vergangenen Woche in SKP-Kreisen erfahren, daß Czichons Sohn ein zweites Mal gut an dem Fall verdient, weil die Stadt auch das Berufungsverfahren verlieren wird. K.W.
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