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Lafontaine spekuliert – aber nur mit Verlagen

■ Exminister lobt Spekulanten-Krimi. Für seine Memoiren will er 800.000 Mark

Frankfurt (taz) – Natürlich ist auch der „Privatier“ Oskar Lafontaine (SPD) Experte. Gestern zum Beispiel, bei der Präsentation eines Buches von Exmultiminister Horst Ehmke (SPD) mit dem Titel „Der Euro-Coup“ in Frankfurt, Experte für Weltwirtschafts- und Währungsfragen – und für Rote (Weine). Experte aber auch für die Vermarktung von Oskar Lafontaine. Exakt 800.000 Mark soll ihm der Verlag Ullstein (Springer) für seine „Erinnerungen“ zahlen, die vielleicht als Schlüsselroman daherkommen werden, von denen aber bis jetzt keine einzige Zeile aufgeschrieben wurde.

Der Exfinanzminister und Exparteivorsitzende spielte monatelang verschiedene Verlage gegeneinander aus, wenn man dem Spiegel glauben darf. Zuletzt soll er Kiepenheuer & Witsch düpiert haben. Da seien ihm „nur“ 560.000 Mark geboten worden.

Überhaupt viele „Ex“ gestern im großen Saal der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Zum einen natürlich Lafontaine selbst. Und dann Autor Ehmke: Exkanzleramtschef und Exbundesminister für besondere Aufgaben, Exbundesminister für die Post und Exbundesminister für Forschung und Technologie. Dazu Exboß der IG-Metall, Franz Steinkühler, der Exinnenminister von Hessen, Gerhard Bökel (SPD) und die Exkulturdezernentin von Frankfurt, Linda Reisch (SPD).

Der „politische Kriminalroman“, in dem es um globale Währungsspekulationen einer hochkarätig besetzten kriminellen Vereinigung mit dem schönen Namen „Brotherhood of Profit“ geht, war so recht nach dem Geschmack von Kritiker Lafontaine. Der Saarländer dozierte (seine) Wirtschaftswissenschaften. Und kritisierte die der aktuellen Entscheidungsträger in Europa: „Sparen, sparen, sparen! Stabilität, Stabilität, Stabilität! Und Lohnverzicht predigen!“ Mit solchen „Maximen“ lasse sich keine Volkswirtschaft der Welt ankurbeln. „Klammheimliche Freude“ empfinde Lafontaine, weil der Euro weiter fällt, „obwohl ich doch gar nicht mehr Finanzminister bin“. Breit grinst er dabei. Die kleinen Äuglein funkeln, und die Bäckchen werden noch roter. Seine Kritik am Buch von Ehmke? Der dort erwähnte 78er La Tache, Domaine Romanee-Conti sei heute „schon etwas schlapp“. Lafontaine live.

Klaus-Peter Klingelschmitt

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