: Eingefrorenes Sahnehäubchen
■ VHS-Frauenprojekt in Neuwiedenthal soll 60 Prozent des Personals einsparen
Die Hamburger Volkshochschule (VHS) hat den Auftrag, flächendeckend Bildung zu vermitteln. In einigen Bereichen gelingt ihr das vorbildlich. So nutzten im vergangenen Jahr 1200 Frauen das Angebot „Frauen lernen im Stadtteil Neuwiedenthal“. Grund genug für die Verantwortlichen der VHS, zwei von drei festen Stellen in diesem Bereich abzubauen.
„Das Frauenprojekt bei uns ist unverzichtbar, aber auf Grund der Kürzungen in dieser Form nicht weiter durchführbar“, fasste Renate Schlundt, selbst Teilnehmerin, gestern die Haltung der betroffenen Frauen zusammen. Dass gerade in einem sozial schwachen Stadtteil integrierende Arbeit boykottiert werde, sei nicht nachzuvollziehen.
Leitungsteam, Kursleiterinnen und Teilnehmerinnen sind besonders erbost über die Tatsache, dass eine ganze Stelle in der Kinderbetreuung gestrichen werden soll. „Das ist das Kernstück des ganzen Projektes“, stellte Teilnehmerin Eva Jürgens fest. Selbst Jürgen Dege, Leiter des VHS-Stadtbereichs Harburg, findet, dass damit das „Sahnehäubchen“ des Projektes weggenommen wird. Der Begriff bedeute aber nicht, dass die Kinderbetreuung verzichtbarer Luxus sei, sondern, „dass sie auch in anderen Stadtteilen eingeführt werden sollte.“
Insbesondere ausländische Frauen beklagen sich über die Kürzungen. Für sie seien die Deutschkurse der VHS oft der erste Schritt, Kontakt zur deutschen Sprache und Kultur aufzunehmen, begründen sie in einem offenen Brief an den kommissarischen Direktor der VHS, Wolfgang Wiesemann. Der Unterricht helfe ihnen, ihre Isolation zu überwinden. Gerade Kurse ausschließlich für Frauen seien in diesem Bereich besonders hilfreich, da einige „sich scheuen, an gemischten Gruppen teilzunehmen, da sie dies aus ihren Heimatländern nicht gewohnt sind“.
Wiesemann erkannte gestern an, dass das Angebot bislang sehr gut gewesen sei: „Ich kann verstehen, dass den Frauen die Kürzungen nicht gefallen.“ Er verwies jedoch darauf, dass Einsparungen in allen Bereichen der VHS nötig seien: Die VHS muss ein Defizit von 1,8 Millionen tilgen. Der Umfang des Kursangebots solle laut Wiesemann nicht reduziert werden, „den Standard können wir aber wahrscheinlich aber nicht halten“. Die Betroffenen tröstet das wenig: „Man friert das Projekt peu à peu ein“, so eine Teilnehmerin, „bis es am Ende verschwunden ist.“ else
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