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KommentarKein Riegel für Rieger

■ Warum Auschwitz-Leugnung auch vor Gericht nicht erlaubt sein darf

Der Zweck, so heißt es, heiligt die Mittel. Auch die deutsche Geschichte darf nun revidiert werden, soweit dies einem strafrechtlich Angeklagten zugute kommt.

Das Leugnen des Holocaust ist kein juristischer Schachzug, es ist Propaganda. Niemals wird ein prozessualer Antrag, durch den die Massenvernichtung von Juden widerlegt werden soll, einem Angeklagten zum Freispruch verhelfen können. Das wäre nur der Fall, wenn dessen revisionistische Thesen dadurch im Ergebnis gestützt werden könnten. Und man sollte kaum jedem kleinen Amts- oder Landgericht zubilligen, selbst über den Holocaust Beweis zu erheben und dessen Ablauf leugnen zu können.

Natürlich muss auch ein Rechtsextremist einen Verteidiger und der das Recht haben, im Prozess alle Register zu ziehen – juristisch. Müsste ein Anwalt selbst die Kriminalisierung fürchten, wenn er verleumderische Sätze seines Mandanten in den Mund nimmt, könnte der Verteidiger nicht mehr verteidigen. Rieger hingegen hat mit dem Leugnen der Judenvergasung nicht nur seinen Mandanten wiederholt, weil sonst der Prozess schweigend hätte ablaufen müssen. In der Anwaltsrobe stellte er selbst den Massenmord infrage.

Ein Anwalt begeht laut BGH eine Volksverhetzung, wenn er verteidigungsfremde Zwecke verfolgt. Rieger handelte in eigenem politischen Interesse. Dass das Gericht selbst in diesem eindeutigen Fall dem Rechts-Anwalt keinen Riegel vorschiebt, läßt für die Zukunft Schlimmes vor deutschen Gerichten fürchten. Elke Spanner

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