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Vater der Klamotten

Vor 25 Jahren gründete Heinz Hess das erste Versandhaus für ökologisch hergestellte Mode. Seit Januar gehört das angeschlagene Unternehmen zum Neckermann-Konzern, der sich davon einen Imagegewinn erwartet

von CHRISTINE BERGER

Models in maritimem Look und kurzen, modischen Kleidern lächeln in die Kamera, im Hintergrund das Tiefblau des Mittelmeers oder eine weißgekalkte griechische Häuserwand. So schön kann der Sommer sein. Wer den Katalog von hess natur in die Hand nimmt, wird auf den ersten Blick in die Warenwelt eines typischen Modekatalogs entführt. Doch hinter aufreizenden Posen und perfekten Gebissen versteckt sich ein Öko-Unternehmen. Ob T-Shirts, Spitzen-BH oder Anzugsakko – fast alle Garne stammen aus kontrolliert biologischem Anbau.

Als Marktführer im Segment Bio-Mode-Versandhandel präsentierte sich hess natur in den vergangenen Jahren immer aufwändiger und ging auf Distanz zum Sackleinenimage. Schick, modern und ein bisschen trendy sollte die Mode rüberkommen. Das ist gelungen.

Doch mit der relativ konventionellen Präsentation der qualitativ hochwertigen Mode hat sich Hess anscheinend ein bisschen zu weit aus dem Fenster gelehnt. Immer mehr traditionelle KundInnen sprangen ab, im letzten Jahr musste Hess, der in Hochzeiten 350 Mitarbeiter beschäftigte, fast ein Drittel der Belegschaft entlassen, um das anthroposophisch orientierte Unternehmen zu konsolidieren. Aber selbst das hat nicht viel genützt, und Heinz Hess blieb nichts anderes übrig, als zu verkaufen.

„Es gab mehrere Interessenten, bei Neckermann war ich mir relativ sicher, dass das Unternehmen so wie es ist fortgeführt wird“, erklärt der heute 60-jährige Hess.

Nach wie vor ist er als Berater für die von ihm 1976 gegründete Firma tätig. In seinem alten Büro sitzt jetzt Bernd Oppenrieder, Geschäftsführer der Neckermann-Tochtergesellschaft hess natur. Er findet den anthroposophisch gestalteten Firmensitz „fantastisch“ und genießt seinen Büroalltag im Biosakko aus dem eigenen Haus. Der erprobte Manager, der bereits Neckermann-Bereiche in Frankreich und Österreich geleitet hat, fühlt sich im hessischen Butzbach wohl. „Ich bin beeindruckt, mit welcher Akribie hier mit Textilien umgegangen wird“, schwärmt er. Dass er da ganz andere Dinge gewöhnt ist, liegt wohl an seiner beruflichen Herkunft. Für ihn ist der Sprung ins Ökosegment eine positive Erfahrung.

Das gleiche dürfte auch für Neckermann gelten. Die Tochter des Karstadt-Quelle-Konzerns, mit einem Jahresumsatz von fast 5 Milliarden Mark und über 10.000 Mitarbeitern weltweit, bemüht sich schon lange, sein Image mit Öko-Engagement aufzupolieren. Bereits seit mehreren Jahren weisen spezielle Umweltzeichen, das Umweltprädikat und der Umweltbutton, den Kunden auf umweltverträglichere Produkte hin.

Information über alles, das soll in Zukunft auch verstärkt bei hess natur gelten. Statt konventioneller Modefotografie möchte Geschäftsführer Oppenrieder wieder mehr die Herkunft und Verarbeitung der Ware in Szene setzen. „Das ist in der Vergangenheit doch etwas in den Hintergrund gerückt“, so der 47-Jährige. Neben den jüngeren Internet-Nutzern soll schließlich auch die Zielgruppe der immer älter werdenden StammkundInnen, besser bedient werden. „Wer hess natur von Anfang an kennt, ist jetzt über 47 Jahre alt.“ Da wirkt die Werbung mit jungen Models eher kontraproduktiv. Um die Vermarktung anzukurbeln will die neue Geschäftsleitung von hess natur verstärkt auf das Internet setzen. Bis zum Sommer soll der neue Auftritt stehen und Kunden können dann online den Katalog einsehen und bestellen. Das ist auch im Sinne von Heinz Hess: „Auf diese Weise werden neue Zielgruppen erschlossen“, ist er sich sicher. Gerade die 30- bis 40-jährigen Erfolgsmenschen, die schon jetzt qualitätsbewusst im Biosupermarkt einkaufen, hat er im Auge.

Die Förderung von sozialen Projekten, zum Beispiel in den türkischen Baumwollanbaugebieten, die Hess immer sehr am Herzen lag, will das Unternehmen laut Oppenrieder fortführen. Auch ein regionales Handelsverbundsystem in der Rhön unterstützt das Ökolabel weiter. Da Neckermann jedoch kein Wohltätigkeitsverein ist, dürften über die Dauer dieses Engagements langfristig die Umsatzzahlen entscheiden. Weitere Arbeitsplätze seien zur Zeit nicht in Gefahr, so der Tenor, aber Erfolgsmeldungen vermag man im Moment auch noch nicht zu präsentieren.

Während das Ökobekleidungshaus also noch versucht, an den Erfolg von einst anzuknüpfen, konzentriert sich Heinz Hess auf seine zwei ihm verbliebenen Firmen: purpur und kontur. Erstere ist ein Spielzeugversand und hieß noch vor zwei Jahren „Kunst und Spiel“, Letzteres ein Küchenzubehörversand. Beides sind Unternehmen, deren Produkte für Qualität und Nützlichkeit stehen sollen. Und das wiederum ist im Sinne des Anthroposophen Heinz Hess. „Jeder ist für die Gesundheit von Natur und Mensch verantwortlich“, ist er überzeugt, und wenn Europas fünftgrößter Versandhandel auf diesen Zug aufspringt, ist ihm das sicherlich nur recht.

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