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Eine Mailingliste führte die Ermittler auf die Spur

Die Behörden bestätigen die Verhaftung dreier mutmaßlicher Fundamentalisten. Ob sie an den Anschlägen in den USA beteiligt waren, ist unklar

FRANKFURT/MAIN taz ■ Die Ermittler brauchten nicht weit zu fahren: Die Festgenommenen lebten beinahe vor den Haustür des Bundeskriminalamts (BKA), in den Wiesbadener Vororten Nordenstadt und Delkenheim. Wie die Bundesanwaltschaft am Wochenende bestätigte, wurde gegen den Türken Talip T. (27) sowie gegen die jemenitischen Brüder Wadee Al-A. (24) und Sahab Al-A. (26) Haftbefehle wegen „unerlaubten Waffenbesitzes und Urkundenfälschung“ erlassen. Die Vermutung einer möglichen Beteiligung an den Anschlägen vom 11. September wollte BKA-Sprecher Norbert Unger aber nur „sehr vorsichtig“ formulieren.

Die Fahnder beschlagnahmten in Wohnungen und Geschäftsräumen eine Faustfeuerwaffe, gefälschte Personalausweise, Stadtpläne mehrerer deutscher Großstädte, größere Bargeldbeträge, Kreditkarten und die Rechnung für ein Flugticket von London nach Pakistan. Das Ticket war für den 4. September dieses Jahres gebucht, der Rückflug für den 10. Juli 2002 eingetragen. Sahab Al-A. trug bei seiner Festnahme eine geladene, entsicherte Pistole und 35 Schuss Munition bei sich. Dem bestehenden „Anfangsverdacht“, dass die Männer „schwere Gewalttaten“ geplant haben könnten, müsse erst noch nachgegangen werden. Man habe bisher „noch nichts Konkretes“.

Talip T. war den Ermittlern unter anderem durch eine türkischsprachige Homepage im Internet aufgefallen, auf der er mit martialischen Parolen zum Kampf im Kaukasus und zu Spenden für die Taliban aufgerufen hatte. Außerdem warb er dort für die militärische Ausbildung zum heiligen Krieg. Er verbreitete Bilder islamistischer Märtyrer und Kampflieder.

Auf den Homepages von Talip T. wird unter anderem auf die Internetseite www.qoqaz.de verwiesen. Dort war eine Mailingliste veröffentlicht, in der unter anderem Said Bahaji mit der E-Mail-Adresse „Bahaji@tu-harburg.de“ aufgeführt ist (siehe Bild). Bahaji wird im Zusammenhang mit den Anschlägen in den USA als Tatbeteiligter mit Haftbefehl gesucht.

Der Informatikstudent Talip P. soll in Wiesbaden als freier Mitarbeiter des US-Verlags „Medical Tribune Online“ die Internet-Seiten programmiert haben. Alle drei Männer lebten nach Auskunft des BKA schon länger in der Bundesrepublik. Darüber, in welchem Verhältnis sie zueinander stehen und ob sie Verbindungen zu anderen Verdächtigen hatten, wollte die Behörde keine Auskunft geben. Das Ermittlungsverfahren stehe „noch ganz am Anfang“. Die beschlagnahmten Computer, Mobiltelefone und Datenbanken müssten noch ausgewertet werden.

Kontakte zu einer Personengruppe in Hamburg, die durch die Aussagen eines islamischen Gefangenen belastet wurde, ließen sich bislang nicht nachweisen. Diese sollte ein Attentat auf das britische Generalkonsulat in der Hansestadt vorbereitet haben. Auch dieser Verdacht ließ sich bislang nicht erhärten.

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CLAUDIA DANTSCHKE

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