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Einig im Dissens

Bei der Baupolitik scheint ein Kompromiss nur schwer vorstellbar. Die FDP will alles auf den Prüfstand stellen

Es war gestern Nachmittag, gegen 15 Uhr. Zu dieser Zeit erfuhr Klaus-Peter von Lüdeke von seinem Glück. Lüdeke, einer von 15 Abgeordneten der neuen FDP-Fraktion, soll bei den nunmehr beschlossenen Koalitionsverhandlungen in der Arbeitsgruppe Bauen, Verkehr und Umwelt dabei sein. Dass ihn das etwas überrascht hat, gab er selbst zu.

Aber ins Detail wollen die Freidemokraten ohnehin nicht gerne gehen. Von Lüdekes Devise lautet vielmehr: „Alles auf den Prüfstand.“ Das betreffe sowohl die Mietobergrenzen als auch den Wohnberechtigungsschein oder das Verbot der Zweckentfremdung. „Wo wir dann Kompromisse finden, wird sich im Gespräch zeigen.“

Oder auch nicht. Unterschiedlicher als in der Wohnungspolitik könnten die Positionen von FDP und Grünen kaum sein. Während die FDP partout alle Wohnungsbaugesellschaften verkaufen will, pochen die Grünen auf einem ausreichenden Bestand an landeseigenem Wohnraum. „Wir brauchen die Wohnungen für sozial Schwache, und zwar in allen Bezirken“, sagt die grüne Bauexpertin Barbara Oesterheld. Von den einst 400.000 öffentlichen Wohnungen wollen die Grünen mindestens 300.000 behalten. „Diese Zahl“, so Oesterheld, „wird auch von Bausenator Peter Strieder immer wieder genannt.“

Derzeit freilich hält sich Strieder, der die Arbeitsgruppe Bauen, Verkehr und Umwelt leiten wird, mit Zahlen zurück. Seine Sprecherin Anja Sprogies will keine Angaben darüber machen, mit welchen Forderungen oder Kompromisslinien die SPD in die Verhandlungen geht. Und auch im Wahlprogramm der SPD ist von einer Zahl nichts zu lesen, sondern lediglich von einem „ausreichenden Grundbestand an Wohnungen, deren Belegung staatlich steuerbar ist“.

Wie hoch dieser Bestand ausfallen wird, ist aber nicht nur die Sache der Wohnungspolitiker, sondern auch der Haushälter. Selbst bei den Grünen gibt es Kontroversen. So kann sich der grüne Haushaltsexperte Oliver Schruoffeneger durchaus den Verkauf einzelner Wohnungen aus dem Bestand der Gesellschaften vorstellen. „Das“, so Schruoffeneger, „bedroht deren soziale Funktion nicht.“

Vielleicht wird der „Kompromiss“, der dem FDP-Abgeordneten von Lüdeke vorschwebt, ja auch so aussehen, dass die Liberalen auf den Verkäufen bestehen, bei Themen wie den Mietobergrenzen aber einlenken. Dann hinge alles von der SPD ab. „Und da gibt es immerhin Signale, dass die Sozialdemokraten außer der GSW keine Gesamtgesellschaften mehr verkaufen wollen“, so die grüne Baupolitikerin Oesterheld. UWE RADA

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