: Kanadier ermitteln in Augsburg
Hubschrauber-Geschäfte des deutschen Rüstungskonzerns MBB beschäftigen nicht nur den Untersuchungsauschuss zur Schreiber-Affäre, sondern auch die kanadische Polizei
MÜNCHEN/AUGSBURG taz ■ Der Schreiber-Untersuchungsausschuss im Bayerischen Landtag hat sich gestern mit angeblichen Schmiergeldzahlungen an die CSU im Zusammenhang mit einem MBB-Hubschraubergeschäft mit der kanadischen Küstenwache beschäftigt. Dabei sollen Schmiergelder in Höhe von 1,2 Millionen kanadischen Dollar über den Rüstungslobbyisten Karlheinz Schreiber an einen engen Vertrauten des früheren kanadischen Premierministers Brian Mulroney weitergeleitet worden sein.
Der damalige kanadische MBB-Chef Helge Wittholz sagte vor dem Ausschuss aus. Zuvor hatte er sich schon öffentlich gewundert, warum die ursprüngliche Rechnung für die zwölf Hubschrauber viel höher ausgefallen war, als das einmal ausgemacht worden war. Im Zusammenhang mit diesem Hubschraubergeschäft ermitteln die Kanadier seit Jahren, weil sie einen massiven Verstoß der deutschen Firma MBB gegen die ausgehandelten Verträge sehen.
Ausdrücklich hieß es darin nämlich, dass keine Provisionen, sprich Schmiergelder, gezahlt werden dürfen. Wie die taz nun erfahren hat, haben Ermittler der kanadischen Bundespolizei RCMP (Royal Canadian Mounted Police) schon drei Mal in Deutschland Vernehmungen in Sachen MBB durchgeführt. Unter anderem wurde ein ehemaliger Geschäftsführer von Karlheinz Schreiber am 11. April vergangenen Jahres im Beisein von drei kanadischen Beamten in den Räumen der Augsburger Steuerfahndung verhört. Die Vernehmung leitete eine Augsburger Staatsanwältin. Anwesend waren von kanadischer Seite Sergant N. J. Alexander sowie die Inspectoren A. K. Mathews und Peter Henschel.
Der Chef der Augsburger Staatsanwaltschaft, Reinhard Nemetz, hat die Vernehmungen, die im Rahmen der Rechtshilfe durchgeführt wurden, auf Nachfrage bestätigt. Namen von vernommenen Zeugen oder Beschuldigten wollte er aber nicht nennen. Tatsächlich ermitteln die Kanadier aber sowohl gegen Schreiber als auch gegen Verantwortliche von MBB und – in anderem Zusammenhang – gegen Airbus-Industries-Mitarbeiter.
Karlheinz Schreiber sagte, dass er die MBB-Gelder nur weitergeleitet habe, weil der Geschäftsführer der IAL (International Aircraft Leasing), Giorgio Pelossi, damals in Untersuchungshaft saß. Überwiegend sei das Geld an die kanadische Beraterfirma GCI (Government Consulting International) gegangen. Die IAL wird von der Augsburger Staatsanwaltschaft eindeutig dem Rüstungslobbyisten zugerechnet, was dieser jedoch bestreitet.
Bei den MBB-Geldern handelte es sich um Zahlungen an GCI, bestehend aus monatlicher Beratergebühr und einem Erfolgshonorar, bestätigte Schreiber. Schadenfroh merkt er an, dass Kanada wohl niemals auf die Vertragsverstöße aufmerksam geworden wäre, hätte nicht die Augsburger Staatsanwaltschaft in ihrem Rechtshilfeersuchen an Kanada in Sachen Schreiber-Auslieferung an die Bundesrepublik das MBB-Geschäft ausführlich dargelegt.
Peinlich sei es, so Schreiber, dass die laut Vertrag verbotenen Schmiergelder, „nützliche Aufwendungen“ in der Amtssprache genannt, vom damaligen bayerischen Finanzminister Max Streibl als steuerlich abzugsfähig anerkannt wurden (taz vom 7. 9. 2000). Just dieser Max Streibl war damals Finanzminister des Freistaates Bayern und später Ministerpräsident. Ein Sprecher des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS, zu dem die MBB-Nachfolger-Firma Eurocopter gehört, hatte bereits vor längerer Zeit bestätigt, dass es in den kanadischen Firmenräumen eine Durchsuchung durch kanadische Behörden gegeben habe. KLAUS WITTMANN
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