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Die Bankvorstände und ihre Villen

taz-Serie „Die Profiteure“ (Teil 2): Weinkeller und Swimmingpool zu Repräsentationszwecken. Die marode Bankgesellschaft leistet sich 19 Villen für ihre Topmanager. Die zahlen dafür angeblich marktübliche Mieten. Das Finanzamt sieht das anders

von UWE RADA

So stellt man sich das Schlaraffenland vor. Morgens, vor dem Weg ins Büro, mal eben in den Pool springen und abends, wenn alles getan ist, kein Schultheiss, sondern den guten Bordeaux aus dem eigenen Weinkeller. Anschließend spaziert man im eigenen Park um die Villa. Für den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Bankgesellschaft Berlin, Wolfgang Rupf, ist das Schlaraffenland Wirklichkeit. Es hat sogar eine Adresse – die Messelstraße 37 in Schmargendorf.

Und es hat seinen Preis. Für den Bau der Villa durch die bankeigene Baufirma Bautrako GmbH musste die Bankgesellschaft 5,984 Millionen Euro berappen. Dabei wurden die Kosten nicht nur durch den Swimmingpool in die Höhe getrieben, sondern auch den benachbarten Weinkeller. Dessen Klimatisierung war wegen der Schwimmbadheizung nämlich besonders kompliziert und teuer. In Bankenkreisen hieß es ohnehin bald, dass die Bautrako große Mühe hatte, alle Sonderwünsche Rupfs zu erfüllen. Dennoch zahlt der prominente Mieter für sein 723 Quadratmeter großes Scharaffenland nicht mehr als andere für eine Kreuzberger Dachterrasse: schlappe 10 Euro pro Quadratmeter.

Großzügig war die Bankgesellschaft Berlin in der Vergangenheit nicht nur zu ihren Fondsanlegern, sondern auch zu ihren Topmanagern. Insgesamt neunzehn Villen leistete sich die Bank, um sie ihren Topmanagern zur Verfügung zu stellen (siehe Kasten). Damit aber nicht der Eindruck ensteht, dass die Manager in ihren „Dienstwohnungen“ von der Größzügigkeit der Bank allzu deutlich profitierten, behauptete die Bank stets, dass es sich bei den Entgelten für die Bankvillen um „ortsübliche Vergleichsmieten“ handele.

Dieser Auffassung schloss sich in der Vergangenheit auch der Senat an. In einer Antwort auf eine kleine Anfrage der grünen Abgeordneten Lisa Paus antwortete der damalige Finanzsenator Peter Kurth (CDU) am 30. Oktober 2000, dass die Bank Mitgliedern des Topmanagements Villen „zu marktüblichen Konditionen“ überlasse. Auch die immensen Kosten für den Bau der Rupf-Villa und die Überlassung zur Billigmiete erklärte Kurth mit dem „Interesse geschäftspolitischer Ziele der Bankgesellschaft“. Von den Topmanagern, so der damalige Finanzsenator, der auch im Aufsichtsrat der Bankgesellschaft saß, „wird erwartet, dass sie am gesellschaftlichen Leben der Stadt aktiv teilnehmen und Kontakte zu in- und ausländischen Vertretern aus Wirtschaft und Gesellschaft halten und vertiefen. Hierfür werden Immobilien benötigt, die ausreichende Repräsentationsmöglichkeiten bieten, das heißt in der Regel größer und aufwendiger gestaltet sind, als rein private Wohnzwecke es erfordern.“ Darüber hinaus, so Kurth, müssten die Immobilien hohen Sicherheitsanforderungen genügen.

Nun wird es wahrscheinlich ein Geheimnis von Wolfgang Rupf bleiben, welche gesellschaftlichen Kontakte im Swimmingpool oder im klimatisierten Weinkeller gehalten und vertieft wurden. Fakt ist jedoch, dass sie das Land Berlin teuer zu stehen kamen. Die Differenz zwischen den Baukosten der 19 Bankvillen und den Mietzahlungen der Topmanager führen einer Rechnung der Berliner Zeitung zufolge langfristig zu Verlusten für die Bankgesellschaft in Höhe von 45,2 Millionen Mark. Und die hat, im Rahmen der Risikoabschirmung, das Land Berlin zu tragen.

Dass es sich bei den Konditionen für die Dienstvillen um eine Vorzugsbehandlung besonderer Art handelte, war zumindest seit längerem bekannt. Ganz im Gegensatz zu Exfinanzsenator Peter Kurth, der behauptet hatte, dass es sich bei den Mieten der Bankmanager um „marktübliche“ und damit auch nicht um etwaige „geldwerte Vorteile“ gehandelt habe, die Rupf und Co. hätten versteuern müssen, sah dies seine eigene Behörde. Das Finanzamt nämlich wollte Wolfgang Rupf wegen der niedrigen Mieten zur Kasse bitten. Begründung: Die „geldwerten Vorteile“, die sich aus den günstigen Mietkonditionen ergeben, hätten bei der Einkommensteuererklärung angegeben werden müssen.

Der darauf folgende Rechtsstreit, der noch immer anhängig ist, wirft aber nicht nur ein Licht auf die Glaubwürdigkeit der Bank und des damaligen Senats, sondern auch, wie es die grüne Baupolitikerin Barbara Oesterheld moniert, auf den Filz zwischen Bankenvorstand und Aufsichtsrat. Weil er der Ansicht des Finanzamtes nicht folgen mochte, beauftragte Rupf einen Rechtsanwalt. Der freilich war nicht irgendwer, sondern hieß Dieter Feddersen, seines Zeichens damaliger Aufsichtsratsvorsitzender der Bankgesellschaft. „Derjenige, der eigentlich die Bankgesellschaft kontrollieren sollte, hat in ihrem Auftrag gearbeitet“, schimpft Oesterheld. Und zwar nicht umsonst. Für sein Engagement im Dienste der Bankgesellschaft bekamen Feddersen und seine Kanzlei WCF seinerzeit monatlich weit über 50.000 Euro. Eine Summe, die selbst den Rechnungshof auf den Plan rief. Im Dezember 2001 musste Feddersen deshalb das Handtuch schmeißen.

Doch zurück zu Wolfgang Rupf und seinem Schmargendorfer Schlaraffenland. Inzwischen prüft auch die Berliner Staatsanwaltschaft, ob im Zusammenhang mit Bau und Vermietung der Messelstraße 37 rechtlich alles korrekt gelaufen ist. Dies teilte Oberstaatsanwalt Hans-Jürgen Dorsch im Januar mit. Gleiches betreffe auch die Gehaltszahlungen an Rupf. Laut Spiegel bekommt der Exbankenchef nach seinem Ausscheiden vier Jahre weiter ein Gehalt von einer halben Million Euro.

Auch anderweitig zeigt sich die Bankgesellschaft noch großzügig gegenüber ihrem Exchef. Rupf, so hieß es, habe das Recht, seine Dienstvilla auch weiterhin zu bewohnen. Rupf selbst kündigte inzwischen aber an, dass er sein Schlaraffenland Ende März verlassen werde. Vielleicht zieht er ja in einer Kreuzberger Dachgeschosswohnung.

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