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Minister Rumsfeld will doch nicht lügen

Nach massiver Kritik der US-Medien soll das „Büro für strategische Beeinflussung“ offenbar aufgelöst werden

WASHINGTON taz ■ Das Pentagon bläst zum Rückzug. Konfrontiert mit dem Vorwurf, gezielt Lügen verbreiten zu wollen, sieht sich das US-Verteidigungsministerium offenbar gezwungen, eine gerade neu eingerichtete interne Abteilung wieder abzuschaffen. Nachdem amerikanische Zeitungen von der Existenz der Agentur berichtet hatten und massive Kritik an ihrer Mission in den Medien und im Kongress laut geworden war, stand Verteidigungsminister Donald Rumsfeld am Sonntag unter Rechtfertigungsdruck. Er beteuerte, das Militär werde keine Erlaubnis haben, zu lügen. Er gab jedoch zu, die Enthüllungen über mögliche Aktivitäten des OSI hätten die Glaubwürdigkeit des Pentagons untergraben.

Das so genannte Büro für strategische Beeinflussung (OSI) sollte, so der offizielle Sprachgebrauch, die öffentliche Meinung und politische Entscheidungsträger im Ausland beeinflussen. Ausgestattet mit einem unbekannten Budget in Millionenhöhe und rund 15 Mitarbeitern, sollte das OSI eng mit dem Nationalen Sicherheitsrat des Weißen Hauses und dem Außenministerium zusammenarbeiten.

Das OSI wurde eingerichtet, um Militäreinsätze mit der entsprechenden Informationspolitik zu begleiten, da die Bush-Regierung befürchtete, die öffentliche Unterstützung vor allem in islamischen Ländern zu verlieren. Rumsfeld rechtfertigte die dubiosen Aktivitäten des OSI, indem er argumentierte, die USA hätten zum Beispiel gegen die gezielten Falschinformationen der Taliban über vergiftete Lebensmittelpakete vorgehen und der afghanischen Bevölkerung die Angst nehmen müssen. Presseberichte zeigen allerdings, dass es um mehr gehen sollte als Richtigstellungen. Demnach gab es bereits detailierte Pläne darüber, wie ein Informationskrieg hätte geführt werden sollen. Mit Hilfe des Geheimdienstes CIA sollten irreführende Pressemitteilungen gestreut, falsche Artikel lanciert oder auch Computernetzwerke gestört werden, um die Verbreitung von Informationen zu behindern.

Rumsfeld spielte am Wochenende den Unwissenden und distanzierte sich von der Arbeit des OSI. Nach Angaben der New York Times, die vom „neuen Orwellschen Büro“ sprach, war Rumsfeld jedoch sehr wohl in die Aufgaben der geheimen Abteilung eingeweiht. Erst kürzlich sei der Verteidigungsminister von einem Mitarbeiter über die Ziele des Büros unterrichtet wordenund habe daraufhin sein grundsätzliches Einverständnis gegeben. MICHAEL STRECK

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