: Schlüter darf nochmal ran
Es ist angerichtet: Bei der Frage Schloss oder Wettbewerb haben die Fans eines barocken Schlossneubaus die Nase vorn. Die Finanzierung ist freilich noch immer nicht geklärt
von UWE RADA
Der beliebteste deutsche Architekt heißt Andreas Schlüter. Mit einer Mehrheit von 384 zu 133 Stimmen kürte der Bundestag den 1660 in Hamburg geborenen und 1714 in Sankt Petersburg gestorbenen Architekten zum neuen Bundesbaumeister. Nach den Entwürfen Schlüters wird nun also wieder die barocke Fassade des 1950 gesprengten Stadtschlosses aufgebaut.
Es war vor allem der Wille der CDU und der FDP, Schlüter und nicht etwa später Geborene zum Zuge kommen zu lassen. „Man braucht kein architektonisches Grundstudium“, sagte der CDU-Abgeordnete Dietmar Kansy zum leeren Schlossplatz: „Da fehlt einfach das Herz dieser Stadt.“ Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer (Grüne) hatten zuvor für die Fassade plädiert.
Die Schlossgegner dagegen, die die Frage der Gestaltung einem Wettbewerb zwischen Schlüter und der zeitgenössischen Architektenschaft überlassen wollten, mussten am Ende den Kürzeren ziehen. Dabei hatte der kulturpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Eckhardt Barthel eigens noch den Präsidenten der Akademie der Künste, György Konrád mit den Worten zitiert: „Lassen Sie sich nicht von einer Stimmung hinreißen, die auf Biegen und Brechen entscheiden und handeln will.“
Vor der ohne Fraktionszwang vorgenommenen Abstimmung über die Alternativen Schloss oder Wettbewerb hatte die Mehrheit einen Änderungsantrag der PDS abgelehnt. Die demokratischen Sozialisten wollten nicht über die Alternative Schlossfassade oder Wettbewerb abstimmen, sondern in jedem Fall die Fassadengestaltung per Wettbewerb klären.
Die Entscheidung für eine barocke Fassade an der Nord-, West- und Südseite eines Neubaus ist unterdessen aber noch nicht der endgültige Startschuss für die Rekonstruktion. Zunächst muss eine Arbeitsgruppe ab Juli unter Federführung von Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin die Empfehlungen der Expertenkommission auf ihre Machbarkeit abklopfen.
Dazu gehören die Prüfung des Nutzungskonzepts und der vorgeschlagenen Finanzierung auf der Grundlage eines Aktienmodells für das Engagement privater Anleger. Danach ist ein Architekturwettbewerb geplant. Mit einem Investor muss sich die öffentliche Hand schließlich auch noch einigen. Mit dem Bau kann nach Einschätzung des Vorsitzenden der Internationalen Expertenkommission, Hannes Swoboda, frühestens in drei Jahren begonnen werden.
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