: Etikettenschwindel
Hormonabfälle stammen aus Irland. Sie wurden dort als ungefährliches Zuckerwasser ausgegeben, nach Belgien exportiert und verarbeitet
DUBLIN/BERLIN dpa/taz ■ Der Skandal um hormonverseuchtes Tierfutter wurde durch falsch deklarierte Abfälle eines Pharmaherstellers in Irland ausgelöst. Das teilte die irische Umweltbehörde (EPA) gestern mit. Nach ihren Angaben stammt der Abfall aus der Firma Wyeth Medica Ireland, die unter anderem Antibabypillen und Tabletten für die Hormonersatztherapie herstellt. Dabei fiel zum einen Zucker an, zum anderen Reste des Wachstumshormons Medroxy-Progesteron-Azetat (MPA).
Der nicht gefährliche Zuckerabfall sei als „grüner“ Abfall eingestuft worden. Im Gegensatz zu „rotem“ oder „gelbem“ Abfall durfte er exportiert werden, ohne die Kontrollbehörden zu informieren. Er ging seit November 1999 an die belgische Firma Bioland. Der gefährliche Hormonabfall wurde hingegen in britische und deutsche Verbrennungsanlagen gebracht. Bis zum Juli 2000.
Von da an hat die Firma Cara Environmental Technology Ltd, die als Abfallmakler für Wyeth Medica tätig war, auch die Container mit Hormonabfall an Bioland geliefert – als Zuckerwasser deklariert. Wer zu welchem Zeitpunkt dafür verantwortlich war, dass gefährlicher und ungefährlicher Abfall vermischt wurden, müssten nun weitere Untersuchungen klären, heißt es bei der irischen Behörde. Cara Environmental behauptet, Bioland habe von den Hormonanteilen im Abfall gewusst.
Bundes-Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) sagte gestern, sie rechne mit Sammelklagen der betroffenen Landwirte gegen die für den Skandal verantwortlichen Futtermittelfirmen und den Pharmakonzern. Von der Regierung werde es keine finanziellen Hilfen geben. Den Verbrauchern riet Künast erneut, „beim Fleisch Qualität zu kaufen“. Das koste „den einen oder anderen Euro mehr“, mache sich aber doppelt bezahlt. So könne den Bauern, die billiges Futter einsetzten, die rote Karte gezeigt werden, und es würden die unterstützt, die sich um Qualität bemühten.
In ganz Europa suchten die Behörden gestern weiter nach dem Hormonfutter. Am stärksten sind die Niederlande betroffen. Dort wurden bisher rund 7.000 Höfe gesperrt. In Deutschland waren es bis gestern Nachmittag 319 Betriebe. HG
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