: Ein kleines bisschen anderer Wind
Über 5000 Menschen protestierten gestern am Rande der City gegen die Sozial- und Bildungspolitik von Schwarz-Schill, darunter viele Unterstützer des Bauwagenplatzes Bambule. Bündnis von Rednern als wegweisend gelobt
von KAI VON APPENund ELKE SPANNER
Schon am Auftakt ist zu erkennen, dass diesmal ein besonders breites Bündnis auf der Straße ist. „Wir wollen keine Bullenschweine“ dröhnt eine Platte über den Legienplatz am Hauptbahnhof, dort, wo sich überwiegend Unterstützer des Bauwagenplatzes „Bambule“ sammeln. Nur wenige Meter weiter, vorm Gewerkschaftshaus, wird selber gesungen. „Bürger Hamburgs hört mal her, ver.di setzt sich jetzt zur Wehr“, gibt eine Gewerkschafterin die Tonlage vor, und: „Schluss mit Kürzen, Sparen, Streichen, zahlen sollen jetzt die Reichen.“
Über 5000 Menschen werden schließlich durch die City ziehen, durch den Teil, der von der Innenbehörde genehmigt ist und fernab der Einkaufsstraßen liegt. Vorneweg die DemonstrantInnen der Gewerkschaften, dahinter die Bambulisten. Vorne Parolen wie „Hände weg vom Weihnachtsgeld“, hinten heißt es „Schill muss weg“. Die inhaltliche Mitte bildet eine Gruppe SchülerInnen mit ihrem Transparent: „Ist erst die Bildung ruiniert, regiert es sich ganz ungeniert.“
Auch in den Redebeiträgen kommt zur Sprache, dass sich diesmal zwei Demonstrationen in einem Protestzug vereinigt haben. Ein Gewerkschafter empört sich gegen die Unterstellung der Polizei, „auf einer gewerkschaftlichen Demonstration würden Fensterscheiben eingeschmissen“. Ein Bambule-Sprecher weist ver.di darauf hin, dass die Gewerkschaft froh sein könne, „dass sie mit uns heute hier laufen können“ – und hat zumindest Recht, was die TeilnehmerInnenzahl anbelangt. Die AnhängerInnen der Bambule machen fast die Hälfte aller DemonstrantInnen aus.
Ein Sprecher der „Sozialpolitischen Opposition“ (Sopo) schließlich weist darauf hin, dass diese Allianz kein reines Notbündnis, sondern durchaus für alle Seiten von Vorteil ist. Der von ver.di angemeldete Protestzug sei eine Demonstration „für die sozialen Rechte aller Menschen“. Und auch der Kampf der Bambule-Symphatisanten in den vergangenen Wochen sei nicht nur um einen Bauwagenplatz geführt worden, sondern habe die gesamte Politik der Stadt infrage gestellt.
Deshalb sei es wichtig, dass die Bambule-Unterstützer auf der Gewerkschaftsdemo mitmarschieren, und dass die Gewerkschaft wiederum „nicht dem starken Druck nachgegeben und die Bambule-Anhänger ausgegrenzt hat“. In der Vergangenheit sei es gerade ein Problem gewesen, dass die unterschiedlichen Gruppen „viel zu oft isoliert und vereinzelt kämpfen“. Wenn sie sich erst mal untereinander einig seien, so der Sopo-Sprecher, „weht in der Stadt ein ganz anderer Wind“.
Auf der Abschlusskundgebung auf dem Großneumarkt betonte auch ver.di-Chef Wolfgang Rose, dass „alle, die hier heute teilnehmen, eines gemeinsam haben: Sie lassen sich das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit nicht nehmen.“ Er bedauerte die Absage der „Gewerkschaft der Polizei“. Scharf kritisierte Rose anschließend die Spar-Beschlüsse von Schwarz-Schill: „Das Geld in dieser Stadt ist da, es ist nur in den falschen Taschen.“
Eine klare Absage erteilte er der Senats-Forderung nach einer Nullrunde im öffentlichen Dienst und kündigte bereits für Mitte des Monats erste Warnstreiks an. „Der Kampf um eine solidarische Sozialpolitik, um bessere Bildung, um eine gerechte Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums und der Kampf für angemessene Arbeits- und Einkommensbedingungen sind für mich eine Einheit.“
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